Wer beim Erdbeben in Nordostjapan Haus und Arbeitsplatz verloren hat, dem mag es verfrüht vorkommen über eine Neuordnung der Finanzen zu reden. Vielleicht wird der eine oder andere wütend entgegenrufen „Ich habe jetzt ganz andere Sorgen!“
Zunächst hat natürlich die Rückkehr zu einem geregelten Alltag Vorrang. Sobald jedoch eine Bleibe und Arbeit gefunden sind (bzw. die ursprüngliche Arbeit wieder aufgenommen werden konnte), scheint es ratsam, umgehend Ordnung in die Finanzen zu bringen.
Denjenigen, deren Haus zerstört wurde, gewährt der Staat eine Neuanfangs-Beihilfe für Erdbebenopfer in Höhe von bis zu 3 Mio. Yen. Damit lässt sich jedoch ein Haus nicht wieder errichten. Viele können auch nicht mit Leistungen aus einer Erdbebenversicherung rechnen, da der Anteil der Erdbebenversicherten in der betroffenen Region relativ niedrig ist.
Aus Daten von 2009 geht hervor, dass in der Präfektur Miyagi aufgrund vergangener Erfahrungen mit schweren Beben jeder dritte Haushalt gegen seismische Erschütterungen versichert ist. In den Präfekturen Fukushima und Iwate ist es jedoch nur jeder siebte oder achte. Bedenkt man, dass ein Großteil der Opfer versicherungslos ist, so müssen selbst diejenigen, die den Höchstbetrag der staatlichen Beihilfe erhalten den Großteil der Neubau- oder Reparaturkosten aus eigener Tasche bezahlen. Dann werden viele Haushalte gezwungen sein, die Rücklagen für das Studium der Kinder anzubrechen oder Geldanlagen und Versicherungen für die private Altersvorsorge aufzulösen. Eine Zeit lang wird der Wiedereinstieg in ein geordnetes Leben im Vordergrund stehen, aber nachdem der Neuanfang geschafft ist, empfiehlt es sich über Fragen der Finanzplanung nachzudenken.
Als erstes kommt die Bildungsfinanzierung
Der erste Gedanke gilt dabei den Bildungskosten. Die Japanische Anstalt für Studierendenförderung bietet ein zinsloses Studiendarlehen für Erdbebenopfer mit verkürztem Antragsverfahren an. Auch Familien, die ihren Kindern den Besuch von Oberschule und Universität ohne Darlehen finanzieren wollten, könnten durch die Katastrophe in Geldnot geraten sein.
Zumal wenn das Kind fern von zuhause im Raum Tokyo oder in Osaka studiert, kommen zu den Studiengebühren noch die Lebenshaltungskosten vor Ort. Einige Familien, die schuldenfrei waren und dachten, diese Kosten selbst aufbringen zu können, werden nach dem Beben gezwungen sein, einen Baukredit aufzunehmen. Diesen Familien wird geraten, so bald wie möglich die Studienfinanzierung für ihre Kinder zu überdenken.
Falls Betroffene Kinder im dritten Schuljahr der Mittel- oder Oberschule haben, sollten sie wissen, dass reguläre Anträge für Studiendarlehen im Frühjahr eingereicht werden müssen. Wenn sie einen Teil des Oberschulbesuchs oder Hochschulstudiums ihres Kindes auf diese Weise finanzieren wollen, sollten sie von dessen Schule die nötigen Dokumente anfordern und pünktlich den Antrag stellen. Falls dies nicht rechtzeitig möglich ist, kann jedoch mit dem Nachweis, dass man vom Erdbeben betroffen ist, auch außerhalb des regulären Zeitraums einen Antrag stellen. Wegen des Erdbebens müssen Kinder nicht auf ihre geplante Bildungslaufbahn verzichten.
Zwar können vom Erdbeben betroffene Familien in den meisten Fällen ein zinsloses Darlehen erhalten, aber auch das ändert nichts daran, dass es sich um einen Kredit handelt. Wer nach dem Beben in finanziellen Nöten ist, mag versucht sein, soviel Geld aufzunehmen wie möglich, dadurch wird jedoch auch die Summe größer, die das Kind nach dem Studium zurückzahlen muss. Es gilt sich daher über die Rückzahlungsmodalitäten zu informieren. Erst dann sollte man dem Kind mitteilen, wie viel Geld in seinem Namen aufgenommen wird.
Wenn das Kind nach dem Studium keinen Arbeitsplatz findet oder diesen wieder verliert, kann es sein, dass der Betroffene als Bürge das Darlehen zurückzahlen muss. Man sollte sich daher über Stundungskonditionen informieren – in Härtefällen besteht die Möglichkeit, die Tilgung aufzuschieben.
Die Stundungsfrist für Kredite und Versicherungsbeiträge kann kürzer sein, als man denkt
Haushalte, die Kredite abzubezahlen haben, sollten sich genau über die Stundungsbedingungen informieren. Angenommen es wird eine sechsmonatige oder einjährige Stundung der Tilgung gewährt. Erleichtert, die Last zunächst los zu sein und mit dem Wiederaufbau der eigenen Existenz beschäftigt, vergisst man leicht wie schnell diese Zeit vergehen kann und gerät unversehens in Zahlungsverzug. Man sollte sich aufschreiben wann der Stundungszeitraum endet, um dies zu vermeiden.
Auch bei Lebensversicherungen gibt es Erleichterungen für Erdbebenopfer, wie z.B. eine vorübergehende Stundung der Versicherungsbeiträge. Das ist zwar hilfreich, aber auch hier gilt es auf die Fristen zu achten. Besonders Versicherungen, die spät und zu einem niedrigen Rechnungszins abgeschlossen wurden, wie Risiko-Lebensversicherungen oder Zusatzkrankenversicherungen, bieten häufig nicht die Möglichkeit, den Vertrag zu kündigen und unbezahlte Beiträge mit dem Rückkaufswert (den bereits entrichteten Risikobeiträgen) zu verrechnen. Nicht kapitalbildende Versicherungen werden oft ca. zwei Monate nach Eintritt des Zahlungsverzugs ungültig. Dann bestünde beispielsweise die Gefahr, dass jemand, dessen Gesundheit beim Erdbeben Schaden genommen hat, kein Krankenhaustagegeld erhielte.
Für das aktuelle Erdbeben wurde außerdem entschieden, dass auch die normalerweise bei Naturkatastrophen nicht fälligen Unfallzuschläge ausgezahlt werden. Selbst bei Verlust des Versicherungsscheins, kann dieser nach Überprüfung der Identität neu ausgestellt werden. Wenn man nicht weiss welche Versicherungsleistungen einem zustehen, kann man sich an die Lebensversicherungs Vertragsauskunft wenden.
Auch der Altersvorsorge will gedacht sein
Zuletzt einige Ratschläge zur Neuorganisation der Altersvorsorge. Wenngleich es befremdlich klingen mag, kurz nach der Katastrophe über die Rente nachzudenken, ist dies ein Thema, das jeden etwas angeht.
Durch das Erdbeben werden viele gezwungen sein ihre Ersparnisse fürs Altenteil anzubrechen. Das ist für den Neuanfang nach der Katastrophe unausweichlich, bedeutet jedoch, dass der bisherige Plan für die Altersvorsorge neu überdacht werden muss.
Wenn man aufgrund des Erdbebens Schwierigkeiten hat, die Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung zu entrichten und eine teilweise Befreiung beantragen muss, kann es sein, dass die Rente später niedriger ausfällt als ursprünglich erwartet. Selbst wenn sich an den Rentenansprüchen nichts ändert, könnten die Ersparnisse nicht mehr ausreichen, um damit später einmal die gesetzliche Rente zu ergänzen.Hinzu kommt, dass es zwar derzeit Maßnahmen zur Unterstützung gibt, diese jedoch irgendwann auslaufen können, so dass Erdbebenopfer langfristig nicht mehr Anspruch auf Zuschüsse hätten als der Durchschnittsbürger. Besonders was die Altersvorsorge angeht werden die Haushalte dann auf sich selbst gestellt sein.
Auch wenn es schwer fällt: Nachdem für eine Wohnung gesorgt ist und die Fragen von Kreditrückzahlung und Ausbildungskosten geklärt sind, sollten man darüber nachdenken, wie die finanzielle Situation nach der Rente aussehen wird.
Die obigen Ratschläge klingen angesichts der Tatsache, dass vielerorts noch nicht einmal die Grundversorgung wiederhergestellt ist, vielleicht illusorisch. Aber nur wer von den Erdbebenopfern die Finanzplanung im Griff hat, der kann auch sein Leben wieder in geregelte Bahnen bringen. Wenn dabei einem der Posten Wohnen, Bildung und Altersvorsorge zuviel Gewicht beigemessen wird, geraten die Finanzen leicht ins Ungleichgewicht. Wer alles ins Haus investiert, hat nach der Rente vielleicht nicht genug zum Leben. Daher wird empfohlen die Finanzen neu zu ordnen, sobald wieder etwas Ruhe in Ihren Alltag gekehrt ist, damit das Leben wirklich auf festen Beinen steht.
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