Verdankt Estland seinen Wohlstand dem Kredit?

Estlands Wohlstand Krediten zu verdanken?

Am 1. Jänner 2011 ist Estland der Eurozone beigetreten. Die Voraussetzungen gemäß den Maastricht-Kriterien, die dafür vonnöten waren, wurden erfüllt und das Budgetdefizit unter die Drei-Prozent-Marke gepresst. Estland was in. Als einziger Staat unter allen, die zu jenem Zeitpunkt für einen Beitritt zur Eurozone zur Debatte standen, qualifizierte sich das baltische Land. Sollten die Sparmaßnahmen schlechte Auswirkungen auf die Wirtschaft haben, sollte Estland nicht weiter auf Sparflamme schalten, sondern eher ein gewisses Defizit – zumindest bis zu den 3 Prozent – hinnehmen, so der Internationale Währungsfonds (IWF).

Die starken Sparmaßnahmen Estlands waren zwar hinsichtlich Beitritts zur Eurozone dienlich, nicht aber für das Wirtschaftswachstum: Probleme innerhalb des Landes sowie die Finanz- und Wirtschaftskrise machten dem Land in den Jahren 2008 und 2009 stark zu schaffen. Da kamen die intensiven Sparpakete natürlich denkbar ungünstig und ließen die Wirtschaft um weitere 13,9 Prozent sinken.

Letztes Jahr erholte sich die Wirtschaft wieder und angestiegene Importe ließen die Wirtschaft wieder ein wenig aufblühen. Vor der Krise war Estland sehr stark auf Aufholkurs und es machte sich daraus resultierend die Illusion im Land breit, man könne sich in Windeseile an westliche Standards angleichen.

Relativ bald offenbarte sich jedoch, was für den Aufschwung verantwortlich war: geborgtes Geld. Estlands Aufschwung wurde also mittels Krediten finanziert. Löhne wuchsen im zweistelligen Prozentbereich an, die Wettbewerbsfähigkeit nahm rapide ab. Da die estnische Krone zu diesem Zeitpunkt bereits fix an den Euro gebunden war und daher nicht abgewertet werden konnte, war der Zusammenbruch unausweichlich. Die Weltwirtschaftskrise stellte dann freilich noch eine äußerst unerwünschte Nebenerscheinung dar.

Hatten Löhne vor 2008 noch mit zweistelligen Prozentbeträgen zugelegt, wurden sie im Zuge des Einsturzes 2009 gesenkt und auch 2010 erfolgte kein erneuter Anstieg. Somit erging es Estland ähnlich wie auch den anderen baltischen Staaten Lettland und Litauen. Dieses Jahr im Jänner betrug die Inflationsrate in Estland zudem 5,1 Prozent, was neben Rumänien (7 Prozent) den zweithöchsten Wert darstellt. Im Vergleich dazu beträgt der Euro-Schnitt 2,3 Prozent. Gefährlich wird es v.a. dann, wenn der Preisanstieg mit einem Anstieg von Löhnen und Gehältern wettgemacht werden soll.

Ein weiterer Tipp, mit dem der IWF den Esten kommt, ist ein Fokus auf hochwertige Exportgüter, wo es nicht der Preis ist, der über den Erfolg entscheidet.

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