Die schreckliche Wahrheit über den chinesischen Hasen Kredit

In Yanzhou nahmen 200 Landwirte Kredite auf, um Hasen zu züchten – jetzt sind die Bauern hoch verschuldet und sprechen von Betrug. Ein Reporter einer chinesischen Tageszeitung hat die Bauern besucht und darüber berichtet.

In die Hasen hatten die Bauern große Hoffnungen gesetzt. Nun stecken sie wegen der Tiere bis zum Hals in Schulden. Während noch feierlich das neue Jahr des Hasen eingeläutet wird, lassen die „Jadehasen vom Osthang“ 200 Züchtern im Kreis Dongcheng der Stadt Yanzhou in der Provinz Hainan graue Haare wachsen. Die Tiere, die sie seit etwas mehr als einem Jahr züchten brachten ihnen nicht den erhofften Reichtum, sondern bürdeten ihnen Schulden in Höhe zigtausender Yuan auf.

Hasenzucht bringt Verluste statt Gewinne

Am 13. Februar besuche ich das Dorf Changmaoxin, Kreis Dongcheng, Stadt Yanzhou. Landwirt Li hört davon und lädt mich ein, seine Hasenställe zu besichtigen. Beim Betreten der Stallungen fällt mir auf, dass die Hasen dieser Rasse recht groß sind, die meisten Käfige jedoch leer stehen. Bauer Li erklärt „Mittlerweile haben wir die Hasenzucht satt. Keiner will weiter Hasen züchten.“ Bauer Li berichtet, dass im Oktober 2009 eine Firma namens „Hainan Ye-X Agrag-GmBH“ begann, in der Region Werbung für Hasenzucht zu machen. „Alles wurde sehr vorteilhaft präsentiert. Auch im Fernsehen strahlten sie Werbespots aus, die hohe Gewinne in Aussicht stellten.“ Bauer Li zufolge betrieben in der Region viele Bauern Viehwirtschaft und waren durch Schweine- und Geflügelzucht zu einem gewissen Wohlstand gekommen. Zudem versprach die Firma bei der Beschaffung von Startkapital in Form von Bankkrediten zu helfen und behauptete, die Investition amortisiere sich schnell. Daher schlossen viele Bauern Zuchtverträge mit der Firma ab.

„Das ist jetzt mehr als ein Jahr her. Keiner von uns hat mit den Hasen Geld verdient. Wer weniger verloren hat als andere kann sich glücklich schätzen.“ Bauer Li erklärt, anfangs hätten alle gehofft, mit den Hasen reich zu werden, tatsächlich aber brachten diese ihnen nichts als Schulden.

Die Bauern klagen ihr Leid

Ein Dorfbewohner namens Li Keren erzählt mir aufgeregt, wie er Ende 2009 mit der Firma Ye-X einen Vertrag über die Zucht von „Jadehasen“ abschloss. Die Firma half ihm bei der Agrarbank einen Kleinkredit in Höhe von 30.000 Yuan aufzunehmen. Ein Großteil des Kredites war jedoch zweckgebunden, so dass ihm nur 3000 Yuan ausgezahlt wurden. Anschließend investierte Li Keren selbst in den Bau von Hasenställen und erwarb von der Firma Ye-X 50 Zuchttiere (45 Weibchen und 5 Männchen), sowie 20 Käfige, einen Satz Medikamente und Futter. Die Gesamtausgaben lagen bei etwas mehr als 10.000 Yuan und wurden aus dem Kleinkredit finanziert.

„Als wir mit der Zucht anfingen hieß es seitens der Firma die Hasen seien nach drei Monaten schlachtreif, in Wirklichkeit brauchten sie jedoch vier oder fünf Monate.“ Nicht nur die Mastdauer war länger als anfangs behauptet. Da es den Firmentechnikern an Know-how und den Bauern an Erfahrung mangelte, überlebten von den ersten 300 Junghasen nicht einmal die Hälfte, so Li Keren. Die Einnahmen nach mehr als einem Jahr Hasenzucht deckten nicht einmal die Ausgaben für das Futter, erklärt Li Keren. Ein Dorfbewohner rechnet mir vor: Angenommen die Muttertiere werfen ca. 300 Hasenjunge. Davon überleben im Allgemeinen etwa 150. Ihr Futter kostet 128 Yuan pro Tag. Bei einer Mastzeit von vier Monaten macht das 15.360 Yuan für das Futter. Wenn ein Hase 4,5 Pfund wiegt und der Pfundpreis 10 Yuan beträgt, so kommt man auf einen Gesamterlös von 6750 Yuan.

Die Dorfbewohner sehen sich als Opfer eines Betrugs und wollen zur Polizei gehen
In einem der Zuchtverträge, den ich einsehen konnte, vereinbaren die Parteien, auf freiwilliger Basis, gleichberechtigt, zum beidseitigen Vorteil, nach eingehender Beratung, unter Aufnahme eines Kleinkredites und nach dem Diskontierungsmodell der Regierung, eine Hasenzucht einzurichten. Die Firma Ye-X leistet dabei technische Unterstützung, stellt die Käfige, die Zuchttiere, das Futter und sonstiges Material bereit und sorgt für Aufbau und Unterhalt des Vertriebsnetzes. Der Landwirt bringt die Stallgebäude und seine Arbeitskraft ein und trägt die Kosten für Käfige und sonstiges Material. Der Landwirt nimmt einen Kleinkredit auf, um von der Firma Zuchttiere, Futter, Medikamente, Impfstoffe, etc. zu erwerben, welche zum Vermögen des Landwirtes gehören. Er darf hierüber jedoch nicht eigenmächtig verfügen und muss auch nach Rückzahlung der Kredite der Firma ein Aufsichtsrecht gewähren. Die marktreifen Hasen werden ausnahmslos von der Firma zum Marktpreis aufgekauft, wobei ein Mindestpreis von 8 Yuan pro Pfund garantiert wird. Hierfür müssen die Hasen „gesund sein und ein Gewicht von ca. 4,5 Pfund haben“, so heißt es im Vertrag.

Wie ein Dorfbewohner berichtet, sind die Kleinkredite mittlerweile aufgebraucht und die Firma verlangt von den Bauern, die 128 Yuan für einen Sack Futter aus eigener Tasche zu bezahlen. „Immer noch sterben uns jeden Tag die Hasen unter den Händen weg. Wer ist da noch bereit, Geld für Futter auszugeben? Außerdem haben wir alle kein Geld mehr.“ Die Dorfbewohner fühlen sich betrogen und einige tragen sich mit dem Gedanken, die Polizei zu informieren, so einer der Bauern.

Bei meinem Besuch stelle ich außerdem fest, dass einige Landwirte und die Mitglieder ihrer Familien an Hautpilzen leiden, die von den Hasen übertragen werden. Fast alle Mitglieder von Bauer Lis Familie sind hieran erkrankt. Er hat Gewissensbisse, weil auch seine alte Mutter und die kleinen Kinder des Hauses die Hauterkrankung bekommen haben – alle hatten sie die Hasenställe betreten.

Die Firma Ye-X hat ihr Büro im Kreis Dongcheng bereits aufgelöst. Unter der Nummer der Verantwortlichen der Firma, Frau Huang, welche die Dorfbewohner mir gegeben haben, lief nur der Anrufbeantworter.