Wer entscheidet bei der Bank über die Kreditvergabe, und wie kann ich als Kunde die Kreditvergabe positiv beeinflussen?
Wer glaubt der Kundenbetreuer ist derjenige, der bei der Bank über eine positive oder negative Kreditvergabe entscheidet, befindet sich im Irrtum. Die Bank trennt zwischen Vertrieb und Risikoentscheidung. Das hat sich nach Einführung von Basel II sogar noch verstärkt. Der Terminus Basel II bezeichnet die Gesamtheit der Eigenkapitalvorschriften, die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht in den letzten Jahren vorgeschlagen wurden.
Gibt es nun eine Kreditanfrage, geht die Sache zur Risikoanalyse. Zuerst erhält der Kundenbetreuer alle notwendingen Unterlagen. Diese bestehen aus Bilanzen, Auftragseingängen, Auftragsbeständen, Umsatz und Ergebnisprognosen, Zahlen zu besonderen Projekten und Investitionen, und deren Finanzierung. Der Kundenbetreuer macht mit all diesen Daten jedoch relativ wenig. Sie werden von ihm lediglich strukuriert, eventuell mit Kommentaren und Empfehlungen versehen, und an die Risikoanalysten der Bank weitergeleitet. Die Mitarbeiter der Risikoanalyse agieren vollkommen autonom, und sind in ihren Entscheidungen nicht weisungsgebunden.
Die Analysten der Bank arbeiten so gut wie nie in der Bankfiliale selbst. Sie kommen auch selten in die Filialen zu Besuch. Es ist auch nicht unüblich dass manche dieser Risikobewerter sogar irgendwo im Ausland sitzen, und noch nie in dem Land waren, für das sie ihre Bewertungen durchführen. Sie haben die Aufgabe ihre Analysen so neutral wie möglich durchzuführen. Da bleibt kein Platz für Sentimentalitäten. Nur die Fakten auf den Unterlagen zählen. Wie gern würde der kredithungrige Kunde dem finalen Entscheidungsträger oft für seine Ideen begeistern, um die Kreditentscheidung positiv beinflussen zu können. Redet er auf seinen Kundenberater leidenschaftlich ein, in der Hoffnung auf eine positive Kreditzusage, ist das meist verlorene Zeit und Engerie, da der Kundenberater den Kredit nicht bewilligen kann. Das einzig Mögliche wären entsprechend gute Kommentare und Bewertungen auf den Unterlagen, die den Analysten irgendwie beeinflussen könnten. Das war es aber bereits wieder.
Meist kennen sich Kundenberater und Analyst auch nicht persönlich, sondern kommunizieren nur über eMail oder auf dem Postweg. Also spielt es auch nicht die grosse Rolle ob dieser oder jener Kundenberater die Unterlagen an den Analysten weiterreicht. Vor dem Riskoanalysten sind sie alle Kundenberater gleich.
Was macht der Analyst mit den Unterlagen der Kunden?
Der Analyst wird dafür bezahlt das Kreditrisiko richtig einzuschätzen, und verdeckte Risiken offenzulegen. Er muss wissen wann ein zu hohes Kreditrisiko zu vermeiden ist.
Die Entscheidungskriterien des Analysten gliedern sich grob in:
– Kredithöhe
– Bewertung des Unternehmens
– Sicherheiten des Unternehmens
Ausserdem unterteilt die Kreditwirtschaft das Gesamtrisiko grundsätzlich in folgende Teile:
– Liquiditätsrisiko (für das laufende Geschäft nötige Zahlungen können nicht mehr getätigt werden)
– Marktrisiko (z. B. Wechselkursrisiko, Zinsänderungsrisiko)
– operationelles Risiko (beispielsweise Ausfall der IT)
– Klumpenrisiko (systematischer Ausfall mehrerer Geschäftspartner aufgrund von Branchenrisiko oder Länderrisiko)
– das Kreditrisiko (Ausfall von Kreditnehmern)
– das Kontrahentenrisiko (Ausfall von Kontrahenten bei Handelsgeschäften)
– Reputationsrisiko (zum Beispiel das Risiko des Ansehensverlustes durch geschäftspolitische Entscheidungen)
Nicht immer kann der Analyst alleine entscheiden. Jedem Analysten werden verschiedene Kompetenzen zugestanden. Je höher die Erfahrung, desto grösser seine Kompetenzen. Man kann davon ausgehen dass besonders heikle Kreditvergaben im Team bewertet und beschlossen werden.
Die Entscheidungsträger des Kreditrisikomanagements sitzen in den Landeshauptstädten aller österreichischen Bundesländer. In einschlägigen Jobbörsen finden sich immer wieder Stellenanzeigen für diese Branche. Klagenfurt (Raiffeisenlandesbank Kärnten), Linz (Oberbank), Salzburg (Porsche Bank), Bregenz (Raiffeisenlandesbank Vorarlberg), Wien (Raiffeisen, Erste Bank und Sparkasse, BAWAG PSK, Volksbank, Bank Austria), und St. Pölten (Hypo Niederösterreich) sind derzeit auf der Suche nach neuen Mitarbeitern.
Die Berufsbezeichnungen tragen klingende Namen wie Balance Sheet Risk Manager, SpezialistIn für Kreditrisikoanalysen und -Reporting, Risikomanager, Risikoanalyst, Consultant / Senior Consultant Financial Services in den Bereichen Risk Management und Finance, Mitarbeiter im Kredit- und Risikomanagement, Senior Liquidity Risk Manager, und Strategic Risk Management/ Expert of Quantitative Risk Methods, sowie Mitarbeiter/in Credit Risk für die Unterstützung im Kreditrisikomanagementsystem.
Was ist als Kunde also zu tun um die Entscheidung der Kreditanalysten möglichst positiv zu beeinflussen?
– Unterlagen lesefreundlich aufbereiten (ähnlich einer Bewerbungsmappe)
– auf die Qualität der Unterlagen und Dokumente achten
– Kreditwunsch dem Kundenbetreuer so gut wie möglich anpreisen (Ziel: die Kreditanfrage soll dem Analysten nur mit den besten Kommentaren und Bewertungen weitergeleitet werden – eine positive Kreditvergabe soll der Bank schmackhaft gemacht werden und ein gutes und risikoloses Geschäft versprechen)
– im Zweifelsfall einen Spezialisten mit der Aufbereitung der Kreditunterlagen beauftragen
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