Schuldenkrise in Kap Verde

Das Haushaltsdefizit und die öffentlichen Schulden

Die Ausgaben vom afrikanischen Inselstaat Kap Verde sind höher als die Einnahmen es eigentlich erlauben würden. In fast nur zwei Jahren hat sich das Defizit versiebenfacht, ohne dabei die Schulden von ELECTRA und TACV bzw. anderen Unternehmen zu rechnen, für die der Staat bürgt.

Wenn Familien mehr ausgeben, als die Einnahmen es erlauben, verschulden sie sich. Einige suchen die Hilfe bei Finanzinstituten, andere wiederum bei Freunden und Verwandten. Dasselbe geschieht bei den Firmen, auch wenn sich diese aus anderen Gründen verschulden. Sobald ein gewisses Schuldenniveau erreicht ist, müssen die Familien und die Unternehmen die Ausgaben kürzen und somit den „Lebensstandard“ kurzfristig nach unten schrauben, um das Konto wieder auszugleichen.

Dasselbe geschieht beim Staat. Oder sollte es zumindest. Der Staat sucht nach Krediten, um die Ausgaben decken zu können. Die Schulden, die dabei innerhalb des Landes gemacht werden, nennt man interne Schulden, jene, die durch Kredite von außerhalb gemacht werden externe Schulden.

Lebt der Staat Kap Verde über seinen Mitteln?

Möglicherweise. Denn der Staat gibt mehr aus als er einnimmt. Besonders in den letzten drei Jahren ist dieses Defizit enorm gestiegen. Wenn das Defizit nicht rasch gesenkt wird, werden die öffentlichen Schulden kaum noch haltbar sein, was für das Land gravierende Folgen hätte.

Allerdings gibt es Ausgaben, die einfach notwendig sind. Allerdings sollten die Ausgaben auf ein Wirtschaftswachstum ausgerichtet werden, um damit den Fortschritt und die Einnahmen des Landes anzukurbeln. Dies würde sich auch positiv auf das Wohlbefinden der Bevölkerung auswirken. Die Frage ist also, welche Ausgaben der Regierung wirklich a) notwendig, b) haltbar und c) effektiv sind.

Jenen Lesern, die damit nicht vertraut sind, rufen wir die derzeitige Krise in Griechenland und Portugal in Erinnerung. Dies sind Länder, die komplett unterschiedlich zu Kap Verde sind, da der Lebensstandard dort deutlich höher ist. Um einen Bankrott zu vermeiden, sind diese Länder auf externe Hilfe angewiesen. Griechenland und Portugal konnten hier auf den Rettungsschirm der Europäischen Union zurückgreifen.

Und wie hoch war der Wert des portugiesischen Haushaltsdefizites im Jahr 2010? Laut der portugiesischen Behörden lag der Wert bei 6,2% des BIP, danach allerdings mehr als 8%. Die Europäische Union kam aber zum Schluss, dass das Defizit bei 9,1% lag. Dieser Wert ist sehr alarmierend und unhaltbar.

Wie hoch war das Defizit von Kap Verde im Jahr 2010? Es lag bei 10,9% des BIP (2009: 6,3%; 2008: 1,8%). Allerdings enthält dieses Defizit noch nicht die Schulden des Unternehmens Electra, für welches der Staat bürgt. Diese Schulden müssen auch früher oder später beglichen werden. Wenn dieser Wert berücksichtigt werden würde, dann läge das Defizit sogar bei 23%.

WIE KANN MAN EINE SOLCHE ERHÖHUNG DES HAUSHALTSDEFIZITES ERKLÄREN?

Besonders die Investitionen des Staates sind ein Hauptfaktor für das Ansteigen des Defizites und somit der Verschuldung des Staates. In den letzten zwei Jahren stiegen die Investitionen um 9,2 Millionen an, was ein Anstieg von 55% ist. Die laufenden Ausgaben hingegen stiegen lediglich um 2,6 Millionen.

Die Investitionen in den Jahren 2009-2010 verdreifachten sich gegenüber 2007-2008. Was rechtfertigt einen solchen Anstieg im Haushaltsdefizit? Eine der möglichen Erklärungen wäre, dass die Wirtschaftskrise bekämpft werden musste, was die Ausgaben des Staates erhöhte. Eine weitere Erklärung wäre, dass die Möglichkeit ausgenutzt wurde, billige Kredite aufzunehmen, bevor das neue offizielle Statut von Kap Verde in Kraft tritt, dass das Land als mit mittlerer Wirtschaftlichkeit klassifiziert. Ab diesem Zeitpunkt würden Kredite teurer werden. Eine dritte Erklärung wäre, dass während der Wahlperiode viel unternommen wurde, um Aktivität zu zeigen. Diese wurden von der portugiesischen Regierung mit dem Präsidenten José Sócrates bewilligt. Ein bisschen Wahrheit steckt auch in dieser Erklärung, da die portugiesische Regierung Cap Verde mit 2,4 Millionen unterstütze.

Fakt ist, dass die Verschuldung der letzten zwei Jahre die Regierung dazu zwingen wird, Maßnahmen zu ergreifen. Sollten sie es nicht selbst schaffen, müssten sie einen viel schwierigeren Weg gehen, da es eine externe Intervention unter schlechteren Bedingungen geben würde.

Ende 2010 betrugen die öffentlichen Schulden insgesamt 104 Millionen, fast 209 pro Einwohner. Die externen Schulden betragen 70%, die internen Schulden 30% der gesamten Schulden. Die Schulden des Unternehmens Electra gegenüber den Banken, welche in ihrer Gesamtheit vom Staat übernommen werden müssen, und von TACV, welche die Konten nicht offenlegt, betragen 13% des BIP, das heißt 17,8 Millionen. Diese Schulden der Unternehmen erhöhen die öffentlichen Schulden des Staates auf 122 Millionen und fast 90% des BIP Marktpreises. Hier noch nicht eingerechnet die möglichen Schulden von ASA in Bezug auf den Bau von zwei Flughäfen in Boavista und Vicente. Daher kann man davon ausgehen, dass die Schulden eigentlich viel höher sind als angegeben. Statistiken zeigen aber einen starken Anstieg der Schulden in den letzten zwei Jahren. Die „Banco de Cabo Verde“ veröffentlichte im Mai einen aktualisierten Wert der öffentlichen externen Schulden von 1991 bis 2010 in Dollar.

Man muss hier auch klarstellen, dass die externen Schulden des Landes nicht mit den öffentlichen, externen Schulden zu vergleichen sind. Die externen Schulden berechnen auch die Schulden der Unternehmen im Ausland, ob privat oder öffentlich. Wie bereits erwähnt, beinhalten die externen Schulden nicht die Schulden von Unternehmen wie TACV, ASA oder ENAPOR, welche staatlich sind. Auch die Schulden des Bankensektors und jene der nationalen Importeure sind nicht einberechnet.

Bis 1997 waren die externen Schulden relativ stabil und betrugen um die 40% des BIP. Nur 1992 gab es einen kurzen Anstieg, als die Beziehungen zur Weltbank aufgenommen wurden. Allerdings betragen die externen Schulden nur einen geringen Anteil der Gesamtschulden. In den 90er Jahren waren die internen Schulden besonders maßgeblich.

Erwähnenswert ist, dass 1999 der Trust Fund gegründet wurde, der die internen Schulden stark senkte.
Weltweit gesehen gibt es zwei Lösungen. Entweder wird das Wirtschaftswachstum angekurbelt oder das Wachstum der Schulden muss möglichst rasch gebremst werden. Besonders die externen Schulden.

WER FINANZIERT DEN STAAT?

Die Steuerzahler finanzieren hauptsächlich den Staat durch die Steuern und Abgaben. Auch die Steuerzahler anderer Länder finanzieren Kap Verde durch Spenden und Abgaben anderer Regierungen. Es überwiegt dabei die multilaterale Finanzierung.

Wie werden sich die öffentlichen Schulden in den folgenden Jahren entwickeln? Alles hängt von der Regierungspolitik ab. Die Liberalen versprechen, den Haushaltsplan kritisch unter die Lupe zu nehmen, um die Schulden zu senken.

Bild: Jardach | Dreamstime.com