kredit-engel.de Streit: easyCredit oder Max Morlock Stadion?

Am bekannten deutschen Kreditportal www.kredit-engel.de gehen in der Kommentarspalte derzeit die Emotionen hoch. Der Autor mit dem Namen „Ingor“ macht sich in seinem Artikel über Nürnberger Fussballfans lustig, die sich erfolgreich gegen den kommerziellen Namen ihrer Heimstätte durchgesetzt haben dürften. Man kann davon ausgehen dass Autor Ingor kein Fussballfan ist. Ansonsten würde er die Anliegen des Nürnberger Anhangs nur allzugut verstehen, und nicht in das Lächerliche ziehen.

Ob „Bullen, Generali und UPC Arena“ in Österreich, oder „Signal Iduna Park, DKB und Glücksgas Arena“, in Deutschland. Diese kleine Auswahl an Beispielen sind traurige Belege dafür, dass der Fussball drauf und dran ist seine Tradition und seine Seele zu Gunsten einer kurzfristig finanziellen Entlastung aufzugeben. Die Kommerzialisierung des Fussball schreitet so schnellen Schrittes voran. Inzwischen werden selbst Traditionsvereine wie Austria Salzburg von einen Tag auf den anderen ausgelöscht, und durch ein fragwürdiges Marketingprojekt ausgetauscht. Was wäre da der logische nächste Schritt? Schiedsrichter und Spielernamen durch Sponsornamen ersetzen? Die Tore haben dann eben nicht mehr Franz Kübelbinder und Francesco Di Napoli erzielt, sondern Franz Sofortkredit und Francesco DieAllerBesteVersicherungVonAllen.at. Und nicht Schiedsrichter Herbert Böckner hätte das reguläre Tor aberkannt, sondern Schiedsrichter Herbert „Trink das!“ Actimel. In den unteren Ligen Österreichs ist es aber jetzt schon schwer bei gewissen Begegnungen die ursprünglichen Mannschaften auseinander zu halten. Beispielsweise wenn der ASKÖ Blechverwertung Alois Huber & Chantal’s Nagelstudio gegen Union Berta’s Würstelhütte & Freddie’s Tattoo Studio antritt.

Verwundern darf es einem dann natürlich nicht, wenn Fussballanhänger auf die totale Kommerzialisierung des Fussballs daher etwas allergisch reagieren. Da verwundert es eher einen solchen Artikel zu lesen, wie er auf kredit-engel.de veröffentlicht wurde. Man bezeichnet die Proteste des Nürnberger Anhangs gegen die verkaufte Stadionbezeichnung als „unverständliche Abneigung“. Spinnt man den Gedankengang des Autors zu Ende, könnte man allerdings auch öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Schulen kommerziell verwerten. Wie wär es mit einem „easyCredit Krankenhaus“, oder einer „Grundschule der Fruchtzwerge“?

Ebenso unterstellt der Autor den Nürnberger Fans einen Mangel an „finanziellem Sachverstand.“ Wie kann man auch nur dem Stadionnamen eines bekannten Kreditanbieters kritisch gegenüber stehen? Es wäre den Nürnbergern nur zu wünschen dass die mit der Umbenennung ihrer Spielstätte in „Max Morlock Stadion“ bei der Entkommerzialisierung des Fussballs in Deutschland eine Vorreiterrolle einnehmen könnten. Max Morlock war gebürtiger Nürnberger, und Teil der deutschen Weltmeistermannschaft im Jahr 1954. Ausserdem erzielte er im legendären WM-Finale gegen Ungarn den wichtigen 1:2 Anschlusstreffer.

Kredit-engel.de kann man hingegen nur wünschen bei der Behandlung solcher Themen in Zukunft etwas mehr Fingerspitzengefühl an den Tag zu legen. Denn was würde man wohl dazu sagen wenn ihre Anschrift plötzlich kommerzialisiert werden würde? Schliesslich könnte die Heimatstadt aus dem Klöresgang, mit der Umbenennung in easyCreditgang, so eventuell etwas Kleingeld für das Budget herausschlagen. Und wer sagt dass Städtenamen wie Schwerin dann noch vor der allgegenwärtigen Kommerzialisierung tabu sind? Wäre das der „finanzielle Sachverstand“ den der „Kreditengel“ so leidenschaftlich einfordert?

Wer sich selber vom kredit-engel.de Artikel ein Bild machen möchte, kann das mit einem Klick auf folgenden Link hier tun: http://www.kredit-engel.de/2011/08/19/nurnberger-fans-rebellieren-gegen-die-bezeichnung/.

Bild: © Ron Sumners | Dreamstime.com

2 Kommentare

  1. Bei diesem Sammelsurium hanebüchener Vergleiche fällt es schwer, überhaupt einen Ansatz für eine Replik zu finden. Sie schreiben:

    „Man bezeichnet die Proteste des Nürnberger Anhangs gegen die verkaufte Stadionbezeichnung als “unverständliche Abneigung”. Spinnt man den Gedankengang des Autors zu Ende, könnte man allerdings auch öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Schulen kommerziell verwerten. Wie wär es mit einem “easyCredit Krankenhaus”, oder einer “Grundschule der Fruchtzwerge”?“

    „Kredit-engel.de kann man hingegen nur wünschen bei der Behandlung solcher Themen in Zukunft etwas mehr Fingerspitzengefühl an den Tag zu legen. Denn was würde man wohl dazu sagen wenn ihre Anschrift plötzlich kommerzialisiert werden würde? Schliesslich könnte die Heimatstadt aus dem Klöresgang, mit der Umbenennung in easyCreditgang, so eventuell etwas Kleingeld für das Budget herausschlagen.“

    „Und wer sagt dass Städtenamen wie Schwerin dann noch vor der allgegenwärtigen Kommerzialisierung tabu sind? Wäre das der “finanzielle Sachverstand” den der “Kreditengel” so leidenschaftlich einfordert?“

    Das sind durchweg haarsträubende Analogien. Zugrunde liegt die implizite Annahme, dass die easyCredit hier etwas vom öffentlichen Gut wegnehmen würde und ein Schaden entsteht, ohne dass die Öffentlichkeit gefragt wird. Andersherum wird aber ein Schuh draus. Ein verschuldeter Fußballberein (ein Unternehmen mit wirtschaftlichen Zielen) vermietet eine Werbefläche. Nicht mehr und nicht weniger.

    Profi-Fußballvereine sind – ob man es wahrhaben möchte oder nicht – Unternehmen mit dem Ziel des wirtschaftlichen Erfolges. Krankenhäuser sind dies zum Teil. Öffentliche Einrichtungen laufen in einer ganz anderen Kategorie. Städte ebenfalls.

    Es fällt mir schwer vorzustellen, dass Sie das nicht wissen und entsprechend bleibt ein „Geschmäckle“, worauf denn Ihr Artikel tatsächlich abzielt. Ich finde diese Art und Weise Ihrer Argumentation gelinde ausgedrückt fragwürdig und sehr durchsichtig.

    Zum Tonfall des Autors gegenüber den Fans des FC Nürnberg habe ich mich übrigens bereits in der Diskussion zum Artikel distanziert. Man hätte das auch anders sagen können. Es ist mir auch klar, dass es nicht „die Fans“ als homogene Gruppe gibt, auch wenn Sie diese berechtigte Kritik an unserem Artikel hier zugunsten Ihrer emotional geprägten Argumentation nicht einmal erwähnen.

    Hochachtungsvoll,
    Christian Müller
    http://www.kredit-engel.de

  2. Wie bereits im Artikel erwähnt, kann man die fragwürdige und Ihrer Ansicht nach durchsichtige Argumentation nur nachvollziehen, wenn man selbst eine gewisse Liebe zum Fussballsport und seiner Eigenheiten und Traditionen entwickelt hat.

    Der Artikel soll darauf abzielen die Absurdität aufzuzeigen, jede mögliche oder unmögliche Werbefläche monitär zu verwerten. Es gibt da eben zwei Standpunkte. Die einen finden es gut, die anderen wieder weniger.

    Darüberhinaus finde ich den Protest des Nürnberger Anhangs sehr lobenswert, und da ich selbst Freund des 1. FC Nürnberg bin, spielen da natürlich auch persönliche Gründe mit, mich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Und was die allgemeine Beliebtheit des kommerziellen Stadionnamens betrifft, möchte ich noch einige Wikipedia Zitate (http://de.wikipedia.org/wiki/Easycredit-Stadion) anfügen: „Die Umbenennung sorgte auch in der Nürnberger Bevölkerung für großen Protest.“ „Die Nürnberger Tageszeitungen versuchen, das Wort Easycredit-Stadion zu vermeiden, genauso wie die meisten Nürnberger.“ „Es gingen auch mehrere tausend Leserbriefe ein, die sich über den neuen Namen beschwerten.“ „Sowohl die Fans des Hamburger SV, als auch von Werder Bremen hielten bei ihren Gastspielen in Nürnberg in der Saison 2010/11 Banner mit den Botschaften Pro Max-Morlock-Stadion und Zu Gast im Max-Morlock-Stadion empor.“

    Man muss sich daher die berechtigte Frage stellen ob sich das Unternehmen mit so einer Investition wirklich selbst einen Gefallen tut. Der Artikel mag teilweise etwas überzogen sein, aber ich denke der Kern der Botschaft ist angekommen.

    Beste Grüsse aus Österreich

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