Türkei: 95% der Bevölkerung versinken im Schuldensumpf

Die Daten zum Schuldensumpf, in den die AKP (Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung) die Bevölkerung hineinzieht, reissen nicht ab. Anstelle eines Wachstumsmodells, das auf Produktion und Export basiert, hat sich die AKP für ein Modell, basierend auf „Schulden, Konsum und Rendite“ entschieden.

Die Kamu-Sen (türkischer Gewerkschaftsverband) fand heraus, dass 95,1 % der Bevölkerung Schulden haben.

Das Zentrum für Forschung und Entwicklung der Kamu-Sen hat mit 1724 Beschäftigten in der gesamten Türkei eine Umfrage durchgeführt und die Ausmaße der Schuldensackgasse der türkischen Bevölkerung aufgedeckt. Die Teilnehmer der Umfrage wurden gefragt, ob sie regelmäßig Schulden haben und wie hoch ihre Schulden sind.

• Der Untersuchung zufolge ist die Situation der Bevölkerung ausgesprochen kritisch … Die Umfrage hat ergeben, dass 95,1 % der türkischen Bevölkerung verschuldet sind. Nur 4,9 % sagten, dass sie „keine Schulden haben“.

• 24,9 % der Teilnehmer an der Umfrage erklärten, dass ihre Schulden 20.000 – 50.000 TL betragen.

• 20,3 % der Befragten gaben an, dass sich ihre Schulden auf 10.000 – 20.000 TL belaufen.

• 19,1 % besitzen mehr als 50.000 TL Schulden.
• Nur 3,5 % sagten, dass sie „weniger als 1.000 TL“ Schulden haben.

• Dem Umfrageergebnis zufolge sind 10,6 % in Höhe von 1.000 – 5.000 TL und

• 16,7 % in Höhe von 5.000 – 10.000 TL verschuldet.

Die Daten aus der Umfrage der Kamu-Sen decken sich mit den Daten des türkischen Statistikinstituts. Die Umfrage mit dem Titel „Indikatoren der Lebensbedingungen“ des türkischen Statistikinstituts zeigen, dass die Situation der türkischen Bevölkerung alarmierend ist. Demzufolge hat ein Großteil der Bürger große Schwierigkeiten, seine Schulden zurückzuzahlen.

Der Umfrage zufolge

• haben 29,3 % große Schwierigkeiten, ihre Schulden zurückzuzahlen.

• können sich 62,5 % nur das Notwendigste kaufen.

• können 87,4 % keinen Urlaub machen.

• sind 82,1 % nicht in der Lage, sich neue Möbel zu kaufen.

• wohnen 42,2 % der türkischen Bevölkerung in Wohnungen mit undichtem Dach, feuchten Wänden und verrotteten Fenstern.

• können 42,9 % nicht heizen.

Die soziale Explosion ist nicht mehr fern

İsmail Koncuk, der Vorsitzende der Kamu-Sen, äußerte sich zu der Umfrage, wie folgt: „ Es sind in erster Linie diejenigen für die jetzige Situation verantwortlich, die sich von dem Prinzip des „Sozialstaates“ abgewendet haben und die Bevölkerung zu nicht sozialversicherten Arbeiten, Niedriglöhnen und Arbeitslosigkeit zwingen. Die Bevölkerung befindet sich im Schuldensumpf, aus dem sie nicht herauskommt. Daher lebt sie unter menschenunwürdigen Bedingungen.“ Koncuk erklärte, dass die Bevölkerung große Schwierigkeiten bei der Rückzahlung ihrer Schulden habe, und betonte, dass es in der Türkei zu einem Kreditproblem und zu einer sozialen Explosion kommen wird, wenn nicht die notwendigen Maßnahmen getroffen würden.

© Edward Bartel | Dreamstime.com

5 Kommentare

  1. Selten so einen miesen Artikel gelesen. Erstens ist die genannte Gewerkschaft auch diejenige, die die „Armutsgrenze“ für eine vierköpfige Familie auf 2.871 TL/Monat festgesetzt hat (zum Vergleich: wir brauchen als vierköpfige Familie mit 2 Schulkindern etwa 2200 TL/Monat inklusive Miete, Strom, Telefon und Vollzeit-Putzfrau in Alanya an der Südküste, wo die Lebenshaltungskosten weitaus höher als in vielen anderen Gebieten der Türkei ist, wegen der Touristen und der vielen hier lebenden Ausländer) und zweitens ist das Vorhandensein von „Schulden“ doch nicht gleich Schuldensumpf! Auch wir haben große Verbindlichkeiten, jedoch keine Probleme, diese zu bedienen. Was auch daran liegt, dass wir einen seriösen Bankberater haben.

    Fakt ist doch, dass es jetzt überhaupt für viele Menschen erstmals möglich ist, irgendetwas zu finanzieren, ohne durch die horrende Inflation geradewegs in den Ruin getrieben zu werden. Zeigt mir bitte doch in Österreich oder in Deutschland jemanden, der in der Lage ist, ein Eigenheim – und sei es nur ein kleines – „cash“ zu erwerben. Und genau das war in der Türkei lange Jahre die Voraussetzung, überhaupt zu Eigentum zu kommen. Erst seit einigen Jahren gibt es die Möglichkeit, eine Wohnung oder ein Haus auf Hypothekenbasis zu kaufen/bauen.

    Der Artikel ist tendenziös, verkürzt verfälschend und sagt nicht einmal, dass die Umfrage repräsentativ ist. Ich kann natürlich hingehen und in einem Gecekondu (Slum) die Leute fragen, ob sie sich neue Möbel kaufen können oder Urlaub machen. Im günstigsten Fall lachen sie den Umfrager aus.

    Richtig ist, dass die Vergabe von Kreditkarten skandalös schludrig gehandhabt wurde – und sich die Banken gegen eine zentrale Erfassung sträuben. Mir ist ein Fall bekannt, in dem einem Mann mit 1200 TL Grundlohn eine Kreditkarte mit 10.000 TL Dispo angeboten wurde. Es existiert ferner keine Institution wie die SCHUFA in Deutschland, die eine Liste über die Kreditwürdigkeit führt.

    Übrigens: „Sozialstaat“ gab es in der Türkei doch noch nie!

    Bislang ist die Gewerkschaft noch nie wirklich damit aufgefallen, die Rechte der Arbeitnehmer zu schützen. Nun ja, es ist Wahlkampf und was oben steht, sind die Thesen einer doch noch ne ganze Ecke links von Marx stehenden Vereinigung!

    Grüsse aus dem Schuldensumpf

    M. Yaman
    Alanya/Türkei

    Besten Dank für Ihren Kommentar. Wir haben die Daten in diesem Artikel aus der türkischen Zeitung gazetecileronline.com bezogen.
    admin

  2. Frau Ormanlioglu, sie wissen ganz genau dass 2200 TL ein Luxusbetrag in der Türkei ist..
    Die meisten Familien im Durchschnitt kommen mit 900 – 1000 Tl aus im Monat. Was hätten sie sich vorgestellt?? Oder reden wir von eine andere Türkei??

    Frau Yaman –> Superkommentar +++
    Kamu – Sen steht nicht für Arbeitnehmer sondern für gewisse Mächte in der Türkei die selber im Sumpf sind und nicht mehr ausräuben können wie vor AKP Regierung..

    Grüsse aus Konya

    M. Akif Delen

  3. Lieber Admin,

    glauben Sie alles, was Sie in den Zeitungen lesen, wie z. B Bild?
    Sie brauchen nur zu googlen, dann haben Sie die Zahlen da. Wir wissen alle, das Menschen nie zufriden sind, egal wieviel sie haben.

    Nur Ihnen einen Beispiel zu nennen:

    Hier in Deutschland geht der Mittelstand weg – während dieser in der Türkei mittlerweile sehr gross ist. Die Schere hier (Deutschland) zwischen arm und reich wird täglich grösser, während dies in der Türkei weniger wird.
    Sie haben bestimmt den Artikel von Herrn Dr. Dieter Zetsche übersehen, wo er nochmals ausdrücklich anmahnt, einen „Tigerstaat“ wie die Türkei in die EU zu holen.

    Wie heisst es so schön – der Tag ist erst am Abend zu Ende. Die Zeit wird alles schon ans Tageslicht bringen.

  4. Es gibt zwar keine Schufa, aber die Banken übermitteln die Daten an die Zentralbank. Jeder Banker kann auf Knopfdruck alle Verbindlichkeiten eines Kreditanfragenden ermitteln. In Deutschland ist Überschuldung ebenfalls ein Thema, 400.000 Privatleute haben Privatinsolvenz angemeldet. Ca. 70 Milliarden Euro ist die Verschldung privater Haushalte, ohne Hypotheken. Aber mit 2000 YTL eine Familie mit 2 Kinder und tilgen oder Miete ist schon Armutsgrenze in der Türkei; Fleisch, Milch Sprit ist teurer als in Deutschland.

  5. Liebe Freunde,

    wer leugnet, dass es in der Türkei eine gefährliche Gesellschaft auf „Pump“ entsteht, ist in meinen Augen Realitätsfremd!
    Nicht alles was glänzt ist Gold und das gilt sicher für die heutige Türkei. Um auf all die untypischen und sicher auch gefährlichen Machenschaften in der Finanzpolitik der Türkei einzugehen, würde hier den Rahmen sprengen. Dass in der Türkei Menschen unkontrolliert, und vor allem unverhältnismäßig verschuldet, sind ist fakt! Einen Vergleich mit deutschen Verhältnissen zu ziehen ist lächerlich. Man sollte mal gespannt sein was passiert, wenn die Dollarreserven, die stätig genutzt werden um die eigene Währung zu stabilisieren, aufgebraucht sind (eine sehr untypische Art die Inflation in Grenzen zu halten). Fazit: Meiner Meinung nach ist dieser Bericht ist nicht ganz unwahr!

    Und ich Grüße auch 🙂

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