Geschichte des Kreditwesens auf österreichischem Boden

Da das Kreditwesen bedeutend länger existiert als der Staat Österreich, wurde bewusst auf die Überschrift „Die Geschichte des österreichischen Kreditwesens“ verzichtet, und dem Thema der Titel „Geschichte des Kreditwesens auf österreichischem Boden“ gegeben.

Kelten

Um etwa 450 v. Chr. wurde auf österreichischem Gebiet die hallstattzeitliche Bevölkerung durch Zuwanderung keltischer Bevölkerungselemente aus dem heutigen Südwestdeutschland und Ostfrankreich assimiliert. Vor dieser Zeit ist noch nichts über Kapitalverleihungen bekannt. Erst mit der Hebung des Kulturstandes durch die Kelten kommt es zu den ersten Verleihungen von Kapital. Um knapp nach 300 v. Chr. begannen die Kelten damit, Münzen zu prägen. Die getreuen Nachahmungen der keltischen Münzen an klassischen Vorbildern, lässt darauf schliessen, dass die Kelten durch die Griechen mit Münzen in Berührung kamen und so zur eigenen Münzprägung inspiriert wurden. Hundert Jahre vorher setzte sich die Münze in ganz Griechenland gegenüber dem Tauschhandel durch. Anfangs kamen Kredite nur unter Verwandten vor. Dabei machte man sich noch keine Gedanken über Zinsen. Erst als der Kapitalverleih über den Kreis der Familie hinausging, wurde immer öfter daran gedacht, dafür Zinsen zu nehmen. Der Zinssatz war in diesen Zeiten aber extrem hoch. Die Menschen waren noch nicht an das Sparen und Ansammeln von Werten gewöhnt. Kapital war daher sehr knapp und die Nachfrage sehr gross. Doch das waren noch nicht die einzigen Gründe für den hohen Zinssatz. Auch die Sicherheiten liessen zu wünschen übrig, und ein in der Regel unzuverlässiger Charakter der Kreditnehmer, als auch ungenügende Staats- und Rechtshilfe liessen dem Geldverleiher ein hohes Risiko eingehen. Daher ist der Zinssatz bei wirtschaftlich weniger entwickelten Völkern immer höher als in zivilisierten Ländern. 200 v. Chr. schlossen sich dreizehn Stämme zum Königreich von Noricum zusammen. Noricum war damit das erste politische Gebilde auf österreichischem Boden. Die wirtschaftliche Entwicklung dürfte enorm gewesen sein. Immerhin wird in überlieferten Quellen sogar von einem Landmangel berichtet. 186 v. Chr. wanderten aus diesem Grund 12.000 Taurisker und Boier an die Adria aus.

Das römische Reich

Noricum wurde unter Kaiser Augustus im Jahr 15 v. Chr. Teil des römischen Reichs. Zunächst behielt es eine eingeschränkte Autonomie als tributpflichtiges Fürstentum, doch unter Kaiser Claudius (41–54 n. Chr.) wurde es endgültig eine römische Provinz. Noricum umfasste die heutigen österreichischen Bundesländer Kärnten, Salzburg, Oberösterreich, Niederösterreich und Steiermark als auch den Südosten Bayerns mit dem Chiemgau. Ebenso gehörten Teile Tirols dazu. Die Provinz kam nun zwangsläufig auch mit dem römischen Kreditgeschäft in Berührung, was sich bereits ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. allmählich entwickelt hatte. Es wurden bereits Zinsen genommen, und auch bei Auktionen wurde gerne die Kaufsumme gegen eine Gebühr von einem Prozent vorgestreckt. Der Höchstzinssatz im römischen Kreditwesen betrug 12,5 Prozent. Es existierten bereits Banken und es gab auch hauptberufliche Geldverleiher die von ihrem Geschäft leben konnten. Diese Kreditgeber stammten meist aus dem Senatorenstand. Es kam aber auch vor, dass Geschäftsleute aus dem Ritterstand Geld liehen, und es zu höheren Zinsen weiter verliehen. Grundsätzlich war der Konsumkredit bei den Römern viel beliebter als der Geldverleih für geschäftliche Zwecke.

Im römischen Reich gab es öfter Bestrebungen, den Zinssatz zu beschränken. Doch alle Vorhaben dieser Art waren letztendlich wirkungslos oder verschlimmerten sogar das Übel. Man kann daraus lernen, dass sich der Zinssatz immer nach der Volkswirtschaft, und nicht nach den Wünschen des Staates richtet. Beispielsweise war ein gesetzlich verordnetes Zinsverbot 342 v. Chr. völlig wirkungslos und geriet auch bald in Vergessenheit. Auch der römische Staatsmann Seneca (1 bis 65 n. Chr.) war ein entschiedener Gegner des Zinsnehmens. Schon die griechischen Philosophen Platon und Aristoteles waren glühende Verfechter eines Zinsverbotes. Für Platon war Geld ein reines Tauschmittel und jede Form von Zins ein Wucher. Später griff man die Zinsdiskussion im alten Testament auf. Von daher dürften Diskussionen um die Zinsen den Weg in das römische Reich gefunden haben.

Obwohl öfter versucht wurde bestehende Zinsverbote zu erneuern, war es früher oder später wieder gängige Praxis für den Geldverleih, Zinsen zu nehmen. Als Gründe wurden dafür milde Strafen auf Zinsüberschreitungen, ohne den Gewinn aus dem Zinswucher anzutasten, ausgehängt. Zinssätze zwischen 4 und 60 Prozent sind überliefert. Die Zinssätze waren meist auch von der Politik abhängig. Starke Herrscherpersönlichkeiten versuchten den Zins meist zu drücken. So war es auch 50 Jahre vor dem Anschluss Noricums an das römische Reich. Zu dieser Zeit schwankte der Zinssatz meist zwischen 4 und 8 Prozent. 12 Prozent waren allerdings schon das Maximum. Geringe Zinssätze gab es auch um 530 n. Chr. unter dem starken römischen Kaiser Justinian I. Er setzte den normalen Zinssatz auf 6 Prozent herab. Einen 4 Prozent Zinssatz gab es für die Senatoren, 8 Prozent für Geschäftsleute, und 12 Prozent für das Seedarlehen. Das Seedarlehen wurde vom Schiffseigentümer zum Ausrüsten eines Schiffes und zum Ankauf von Waren aufgenommen, und nur bei einem erfolgreichen Ausgang der Reise zurückgezahlt.

Im Jahr 325 n. Chr. war es wieder einmal an der Zeit, gegen die Zinsen vorzugehen. Im Konzil von Nicaia verfügte die Kirche ein Zinsverbot für Kleriker. Leo der Grosse (440-461) dehnte das Zinsverbot auch auf die Laien aus. Im Kanon 17 heisst es: „Sollte sich nach dieser Entscheidung noch jemanden finden, der gewerbsmässig Zinsen nimmt, auf andere Weise Geldgeschäfte betreibt, das Anderthalbfache zurückverlangt, oder überhaupt sonst etwas schädlichen Gewinnes wegen ersinnt, so wird er aus dem Klerus entfernt und von der Liste gestrichen.“

380 n. Chr. wird das Christentum unter Theodosius I. zur Staatsreligion des römischen Reichs erklärt. Das hatte auch eine grundlegene Änderung zum bisherigen römischen Kreditwesen zur Folge. Nun sollen nicht nur Kleriker und Laien vom Zinsverbot betroffen sein, sondern gleich alle Bürger des römischen Reiches. Man berichtet, dass nun „christliche Liebespflichten die römischen Rechtsgesetze beinflussen sollen.“ Es gibt zwar keine eindeutigen Hinweise auf ein Zinsverbot für alle römischen Bürger, doch kann man annehmen, dass damals die ältersten Kirchenväter, gestützt auf die wirkliche Autorität des alten Testaments, das Zinsnehmen streng missbilligten und so wohl auch grossen Einfluss in das römische Alltagsleben ausübten.

Völkerwanderung

Als im Jahr 480 der Zerfall des römischen Reiches seinen Lauf nahm, hatte man im Angesicht der Barbareninvasion, der von Zerstörung und Vernichtung begleitet war, wohl andere Sorgen ob das Zinsnehmen redlich oder unredlich war. Die Zeit nach 480 war in erster Linie geprägt vom rasanten Rückschritt der Volkswirtschaft. Der daraus resultierende Mangel an Kapital, und die dadurch unerschwingliche Höhe der Zinsen, machte es für die verarmte Bevölkerung ohnehin fast unmöglich, irgendwo einen Kredit zu bekommen. Der heutige Süden Österreichs wurde im Zuge der Völkerwanderung von slawischen Volksstämmen besiedelt. Von Nord und West kamen die bajuwarischen Stämme der Franken und Awaren in das Land. Im nördlichen Alpenraum des heutigen Österreichs bildete sich ab dem Jahr 550 das bairische Stammesherzogtum. Etwa 50 Jahre später entstand im heute südlichen Teil Österreichs das erste unabhängige slawische Staatsgebilde Europas, nämlich Karantanien. Das Zentrum Karantaniens lag exakt auf dem Gebiet des heutigen Kärnten.

Nach den Stürmen der Völkerwanderung, und dem Wiederherstellen von staatlichen Verhältnissen im Süden und Norden des heutigen Österreich, konnte sich die Volkswirtschaft nach einer gewissen Zeit wieder erholen. Mit der Zeit erreichte man wirtschaftlich ein beträchtliches Niveau. Das von der Kirche im römischen Reich geforderte und beschlossene Zinsverbot geriet daher bald wieder in Vergessenheit.

Zwischen den Jahren 750 und 800 zerbrach das slawische Karantanien und kam unter fränkische Oberhoheit. Ab dem Jahr 789 kamen wieder verstärkt Stimmen auf, die das Nehmen von Zinsen schwer verurteilt haben. Der Grund für diese Verurteilung dürfte in Missernten und Versorgungskrisen der damaligen Zeit gelegen haben, denn gleichzeitig sollten dem Land waffenfähige Bauern zum Schutz des Land erhalten bleiben. Eine Zinsbelastung für Bauern, die im Ernstfall auch als Krieger zu dienen hatten und nun auch noch mit einer Missernte fertig werden müssen, so dürfte man befürchtet haben, würden die Verteidigungsfähigkeit des Landes gefährden.

Anfang Österreichs

Im Jahr 996 fand der Name Ostarrîchi erstmals urkundliche Erwähnung. Daraus entwickelte sich die Schreibweise Österreich. In den Jahren zwischen 1000 und 1100 trat die Thematik von Zinsverboten wieder in den Hintergrund. Erst 1139 wurde wieder einmal mehr darüber diskutiert. Als Grundlage dafür galt eine Kirchenreform, als auch die Wirtschafts und Städteentwicklung. Mit der Erhebung Österreichs zum Herzogtum im Jahr 1156, begann für das Land die Geschichte als unabhängiges Herrschaftsgebiet innerhalb des Heiligen Römischen Reiches.

Kreditmarkt während der Kreuzzüge

Im Jahr 1095 entstand im Rahmen der ersten Kreuzzüge das Kreditinstrument des Wechsels. Es entsprach den Anforderungen des kaufmännischen Verkehrs. Zwischen den Jahren 1100 und 1200 begann, von den Babenbergern angetrieben und gefördert, die innere Kolonisation Österreichs. Dies hatte auch die Ausbreitung der Erbrechte zur Folge. Die Erbleihe war ein gegen Zins verliehenes Grundstück. Der Zins konnte aus einer Leistung als auch in einer Zahlung von Geld bestehen. Beim Tod des Pächters oder des Grundherrn wurde der Erbleihbrief neu verliehen. Bei der freien Erbleihe konnte man relativ frei über den geliehenen Boden verfügen, ihn an seine Söhne weitervererben, und hatte auch keine hohe Zinsbelastung zu befürchten. Die freie Erbleihe kam zur Anwendung wenn freie Bauern neben ihrem eigenen Grund auch fremden Grund und Boden zu bewirtschaften hatten. In diesem Fall erhielten sie ihn zur freien Erbleihe. Dieses System wurde im Mittelalter gerne zur Kolonisation unbestellter Ländereien angewendet. Beispielsweise auch bei der Besiedelung der deutschen Ostgebiete. Die unfreie Erbleihe war hingegen um einiges schlechter gestellt. In Österreich gab es damals einige Formen der Erbleihe mit den verschiedensten Bestimmungen und Gesetzen. Später entstand aus den Bestimmungen der Erbleihe die Kreditform des Rentenkaufs.

Um 1163 erinnerte sich die Kirche wieder an das Zinsverbot aus den Zeiten des römischen Reichs. Die Kirchenbeschlüsse zu dieser Thematik sollten keine Missverständnisse mehr offen lassen. Gläubige Christen die beim Kreditgeschäft erwischt wurden, drohte die Schmälerung der bürgerlichen Ehre und der Kirchenbann. Trotzdem dürfte man sich darum nicht sehr gekümmert haben. Historische Quellen belegen nämlich, dass in dieser Zeit das Kreditgeschäft wieder voll im Gange war, und Forderungen nach Zinsverboten eher unpopulär waren. Um 1197 wurde ein Zinssatz von 15 Prozent als günstig angesehen. In den nächsten 200 Jahren sind Zinssätze von 5 1/2 bis maximal 20 1/2 Prozent bekannt. Um 1430 wurde ein Zinssatz über 20 Prozent als ein Übel dargestellt.

Der dritte Kreuzzug (1189-1192) sorgte für eine weitere Belebung des Kreditgeschäftes in Österreich. Um am Kreuzzug teilnehmen zu können überliess ein Wiener Weinbauer seinen Weingarten dem Stift Vornbach am Inn gegen einen Kredit von 10 Pfund Silber. Das Geld benötigte er, um sich für den Kreuzzug ordentlich ausrüsten zu können. Die Gattin hatte jährlich einen Teil der Ernte an das Stift abzuführen. Nach seiner Rückkehr sollte der Wiener seinen Weingarten wieder vollständig in Besitz nehmen. Im Todesfall würde der Weingarten dem Stift gehören, und seine Frau gegen eine Art Leibrente entschädigt werden. Der dritte Kreuzzug hatte in Österreich aber auch einen dramatischen Edelmetallabfluss zur Folge.

Eine leistungsfähige Münzprägung sollte die wirtschaftliche Entwicklung des Landes fördern. Dabei spielten die Juden für den 1198 an die Macht gekommenen Babenberger Herzog Leopold VI eine wichtige Rolle. Er stellte an die Juden sehr hohe Anforderungen. Aus diesem Grunde wurde damals auch ein Jude zum Münzmeister bestimmt. Der Herzog wusste auch die Wirtschaft zu fördern. Er gewährte den Wiener Kaufleuten dreissig Jahre lang hohe Kredite. Nach seinem Tod im Jahre 1230 änderte sein Sohn Friedrich II der Streitbare seine Politik komplett, und presste den Wiener Bürgern ohne Rücksicht hohe Steuerforderungen ab.

Zwischen 1250 und 1300 ging man besonders hart gegen jene Personen vor, die der Übertretung von gesetzlich vorgeschriebenen Zinssätzen beschuldigt wurden. Willkürliche Razzien standen an der Tagesordnung. Nicht selten hatten sie den Zweck, die leere Staatskasse aufzufüllen. Die geringsten Zinssätze gab es zu dieser Zeit in den deutschen Ländern. Diese galten als die Kapitalsreichsten der Erde. Das bestätigte zumindest der Geschichtsschreiber Äneas Sylvius Piccolomini, der später als Papst Pius II. in die Geschichte einging. Der Zinsfuss in den deutschen Ländern dürfte während des 13. Jahrhunderts um die 10 Prozent betragen haben. England hatte in dieser Periode übrigens den gleichen Zinsfuss.

Rentenkauf als Kreditersatz auf Grund der Zinsverbote

Das Zinsverbot im Kirchenrecht der römisch-katholischen Kirche des lateinischen Ritus wurde jedenfalls bei Kreditgeschäften in Europa niemals vollständig eingehalten. Einerseits fühlten sich die Juden an das römisch-katholische Kirchenrecht nicht gebunden, und andererseits exisitierte ebenso eine gesetzliche Duldung, die es Geschäftsleuten möglich machte, einen ansprechenden Zinssatz verlangen zu dürfen. Trotzdem entwickelte sich in diesem Zeitraum der Gülten und Rentenkauf als Ersatz für den Kredit. Einigen Christen und bestimmt auch nicht wenigen Würdenträgern der Kirche dürfte das Kreditgeschäft trotz moralisch vertretbarer Zinsen und gesetzlicher Duldung doch etwas zu sündhaft gewesen sein. So wurde eben eine Alternative gesucht und in der Form des Gülten und Rentenkaufes gefunden. Der Gülten oder Rentenkauf war eine Form der Grundverschuldung, bei welcher das im Eigentum des Schuldners verbleibende Grundstück mit einem Zins (Rente) belastet wurde. Im Gegensatz zur modernen Kapitalbelastung durch Bestellung einer Hypothek, ist dabei der Zeitraum einer Tilgung oft nicht festgelegt oder begrenzt worden. Mit dem Rentenkauf erwarb der Gläubiger das Recht auf den Bezug einer zumeist jährlich wiederkehrenden Leistung (Rente) aus einem Grundstück oder Haus bzw. als Gegenleistung für eine einmalige grössere Zahlung. Der Rentenkauf exisitierte bereits während der Zeit der Kreuzzüge. Auf Grund der Änderung der volkswirtschaftlichen Verhältnisse wurde der Rentenkauf mit der Zeit überflüssig, hielt sich aber trotzdem noch einige Zeit um für strenggläubige Christen die kirchlichen Zinsverbote elegant umgehen zu können.

Ende des 13. Jahrunderts gab es auch die ersten Belege über Rentenkäufe in Österreich. 1298 musste sich beispielsweise das Frauenkloster in Tulln verpflichten, ohne Erlaubnis keine Renten von städtischen Gütern zu kaufen. Das Kreditgeschäft des Rentenkaufes hatte seinen Ursprung in Frankreich. Er ging nach rechtsgeschichtlicher Meinung als Vorläufer der Erbleihe voraus, und wurde in einem Teil der französischen Forschung auch als Wurzel des Rentenkaufs angesehen. Der Kirche wurde beispielsweise ein Grundstück geschenkt, und die darauf sitzenden Bauern hatten Zins für Seelmessen (Seelzins) zu bezahlen. Durch die Kombination von Grundkauf und zinspflichtiger Weitergabe der Grundstücksnutzung ist der Rentenkauf entstanden. Die grosse Popularität des Rentenkaufs in dieser Zeit erklärt sich dadurch, dass er vom Zinsverbot in der Regel ausgenommen war.

Anfang 1300 waren in den ländlichen Gebieten Österreichs Naturalrenten (z.B. Geld) und Mischrenten (Geld und Naturalien) am beliebtesten. In den Städten wurde allerdings schon Renten mit Geld der Vorzug gegeben. Etwa 5 Prozent der Rentenkäufe in den Städten durften in Naturalien abgeschlossen worden sein. Der Rentenfuss betrug zwischen 11 und 15 Prozent.

Im Jahr 1322 hatte die Pfarrgemeinde Puch bei Judenburger Juden für den Guss neuer Glocken ihrer Pfarrkirche ein Darlehen aufgenommen. Dieses Darlehen wird als die erste grössere bäuerliche Kreditaufnahme in Österreich angesehen. Am 5. März 1327 erlaubte Friedrich der Schöne den Bürgern von Wiener Neustadt die Ablösung der Überzinsen von Geistlichen und gläubigen Christen.

Am 9. September 1338 entschied die damals wirtschaftlich nicht sehr entwickelte Stadt St. Pölten den Rentenkauf abzuschaffen. Die Stadtväter hielten diese Kreditform für entbehrlich. Bereits bestehende Renten wurden im Verhältnis 1 zu 10 für ablösbar erklärt. Mit dieser Entscheidung war St. Pölten damals aber ziemlich einsam unterwegs. Der Normalität entsprach diese Bestimmung nicht.

Zwischen den Jahren 1350 und 1380 lag der Zinssatz in Österreich bei etwa 12 1/2 Prozent. Einige Jahre später sank er auf 10 Prozent. Das löste bei den inflationsgeplagten Rentenbesitzern alles andere als Freude aus. Sie leisteten Widerstand gegen die Anpassung ihrer alten Renten an den inzwischen üblichen Rentsatz. Die durch Rückkauf der hochverzinslichen Altrenten eingehenden Geldsummen, konnten nur zu ungünstigeren Bedingungen in Neurenten angelegt werden. Umgekehrt brachten dem Schuldner Neurentenverträge zu günstigeren Bedingungen das zur Ablöse der Altrenten notwendige Geld. Auf Grund des Rentsatzverfalls nach 1380 bis in das Jahr 1430, erstaunt es daher nicht, dass die Frage des Wiederkaufs auch überall auf Interesse stiess.

Die Gesetze Rudolfs IV.

Am 28. Juni 1360 setzte Rudolf IV. das Ablösungsgesetz durch. Auf Grund der Überzinse, die auf den Häusern lägen, sei die Stadt in grosser Not, hiess es damals. Darum sind viele Häuser verfallen und teilweise unbewohnbar geworden. Das neue Gesetz erlaubte es, dass alte und neue Überzinse in Stadt und Land je das Pfund um acht Pfund abgekauft werden können. Rudolf IV. wies extra darauf hin, dass sich auch Juden an den Geschäften beteiligen konnten, wenn sie dies wollten. Manche Häuser mussten mehrere Rentenkredite abzahlen. Geld für Investitionen um das Haus zu erhalten, oder den Bauzustand zu verbessern, waren demnach nicht vorhanden. Der dadurch entstehende Mangel an funktionstüchtigen Wirtschaftsgebäuden und Werkstätten wirkte sich besonders störend aus. Das Wirtschaftsleben wurde damit völlig blockiert. Das Ablösungsgesetz beinhaltete auch die Anweisung verfallene Häuser innerhalb der Jahresfrist in Stand zu setzen. Wo dies nicht geschehen ist, fiel das Haus entschädigungslos und unter Verlust aller Überzinse an die Herzoge und die Stadt. Dagegen sollten die in Bau genommenen Liegenschaften 3 Jahre lang steuerfrei bleiben. Mit diesen strengen Bestimmungen wollte man die Sache unverzüglich in Gang bringen. Die angedrohten Zwangsmittel galten damals als beachtlich und erregten grosses Aufsehen. Am 2. August des gleichen Jahres entschied sich Rudolf VI die Ablösung auf Grundrechte (Erbleihehzinsen) auszudehnen. 3 Jahre später schien das Gesetz bereits zu wirken. Die Überzinse gehörten grossteils der Vergangenheit an. Der Leihenehmer hatte nun eine verbesserte Rechtsstellung gegenüber dem Leihengeber. Der Wert von Häusern und dem Erntegut nahm zu. Daher war es für die Leihenehmer möglich, neben dem Zins noch weitere Zahlungen zu leisten. Die Kirche wusste dies geschickt zu nützen. Kirchlichen Einrichtungen wurden oft Häuser oder ein Grundstücke als Eigentum übergeben. Daraus konnten sie Zinsen beziehen, während der Schenker auf seinem eigenen Grundstück weiter die Landwirtschaft betrieb. Die Gegenleistung der Kirche bestand in regelmässigen Messen und anderen spirituellen Leistungen für das Seelenheil des Schenkers. So profitierte die Kirche von den Zinsen, die sie ja eigentlich bekämpfen wollte. Deshalb drückte man beim Rentenkauf wohl auch beide Augen zu. Obwohl das Ablösungsgesetz ohne Zweifel zum Erfolg geführt hatte, wurde es von einem der produktivsten spätmittelalterlichen Gelehrten, Heinrich von Langenstein, schwer kritisiert. Allen Leuten recht getan, ist eben eine Kunst die niemand kann.

Wenn österreichischen Stadtväter um 1365 plötzlich Finanzbedarf verspürten, so wurden flüssige Mittel in beträchtlichem Unfang über Lombardkredite von Juden locker gemacht. Da Juden keine gläubige Christen waren, fand das Zinsverbot für sie keine Anwendung. Trotzdem waren die Juden das erste Volk der Geschichte, welches gesetzlich gegen hohe Zinssätze vorging. In der mosaische Gesetzgebung sollten damit der Habsucht und der Grausamkeit Einhalt geboten werden. Die jüdische Gesetze beinhalteten auch das Gewähren von unverzinslichen Darlehen an arme Landsleute, wenn es sich beim Kreditgeber um eine reiche Person handelte. Bei Nichtjuden fand dieses Gesetz aber keine Anwendung. Hier konnte man auch als Reicher von einem Armen Zinsen einheben. Der Zinssatz unterlag in diesem Fall auch überhaupt keiner Beschränkung. Ab 1370 wurde der Verkauf von Leib und Wiederkaufsrenten die vorherrschende Form der Geldbeschaffung. Dieses Kreditinstument hatte zu diesem Zeitpunkt bereits eine längere Entwicklung durchlaufen.

Um 1390 machten in Wien wieder einmal theologische Kontroversen um den Rentenkauf die Runde. Aktueller Anlass war die Diskussion um die Ablösungsgesetze Herzog Rudolfs IV von 1360. 1390 wurde das Thema des Rentenkaufs erstmals im Reich zusammenhängend und ausführlich behandelt. Der universal gebildete Heinricus Heimbuch de Langenstein, genannt Heinricus de Hassia, der damals die wohl bedeutenste Schrift mit dem Titel „Tractatus de contractibus habens duas partes“ verfasste, konnte sich dabei auf eine intime Kenntnis der vorangegangenen Erörterungen des Themas an der Pariser Universität stützen, wo er bis 1383 Vizekanzler war. In Wien war Konrad von Ebrach einer seiner Kollegen. Konrad von Ebrach setzte die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Rentenkauf in Gang, und verfasste in Prag das Traktat „De contractibus reddituum“. Heinricus Heimbuch de Langenstein war zwischen 1388 und 1389 Dekan der theologischen Fakultät, und dürfte bei der Reform um die Ablösbarkeit der Schuldverhältnisse um den Seelzins für die Kirche gefürchtet haben, mit dem die Kirche den Gottesdienst finanzierte und das Kirchenpersonal versorgen konnte. In vielen Fällen war die Kirche der Rentenherr. Obwohl die Kirche trotz der Reform gut verdiente und keine Not leiden musste, schien man doch um jede noch so kleine Einnahme fürchten zu müssen.

Zwischen 1360 und 1390 erlebte die jüdische Geschäftstätigkeit in Wien ihren Höhepunkt. Dies dürfte auch ein Ergebnis der Ablösungsgesetze Herzog Rudolfs IV gewesen sein.

Hussitenaufstand

Um das Jahr 1400 soll in Österreich das höchste Zinsniveau 10 Prozent betragen haben. Die rudolfinischen Gesetze von 1360 waren noch immer das vorherrschende Thema in der Finanzwelt. Sie bewirkten, angetrieben von den Juden, die Ausdehnung des bürgerlichen Kreditgeschäftes im Sinne von verzinsten Darlehen. Im Jahre 1400 kam es zu einem leichten Absinken der jüdischen Kreditgeschäfte. Die Christen stiegen nun auch verstärkt in das Geschäft ein, und schienen sich um das Zinsverbot nicht mehr so zu kümmern. Vor allem die Wiener Bürger wollten sich, unter weitestgehenden Verzicht auf das Rentengeschäft, ihren Platz auf dem Darlehensmarkt erkämpfen. Das ging auf Kosten der Juden und gipfelte in den Jahren 1420/21 in der Verfolgung und Vertreibung der Juden aus Wien. Ob der Kampf um den Kreditmarkt der ursprpüngliche Grund war, die Juden aus Wien zu vertreiben, ist aber umstritten. Historiker gehen eher davon aus, der wahre Grund liegt in der damaligen Zusammenarbeit der Juden mit den rebellierenden Hussiten. 1422 klopften die Hussitenaufstände von Böhmen und Mähren aus, an die Tore der österreichischen Grenze. Für einen Feldzug zur Verteidigung gegen die Ketzer benötigt man „eine bedeutende Summe Geld“, die über ein Darlehen sichergestellt werden sollte. Herzog Albrecht liess seine Geldverlegenheit in einem Schreiben öffentlich bekanntgeben. Am 7. Januar 1423 fordert er beispielsweise so von den Bürgern der Stadt Steyr die Gewährumg eines Darlehens in der Höhe von 1.500 Gulden.

Goldklausel

In einem Schriftstück gibt es den Hinweis, dass in Österreich um das Jahr 1430 ein Zinssatz von über 20 Prozent als „ein Übel“ dargestellt wurde. Wahrscheinlich nicht für den Kreditgeber. Um 1430 beschäftigte man sich immer noch mit den Ablösungsgesetzen Herzog Rudolfs IV, die vor 70 Jahren abgeschlossen worden waren. Die Stadt Wien hatte ein Gutachten in Auftrag gegeben und damit festgestellt, dass an den Gesetzen ein grosser Reformbedarf bestehen würde. In diesem Jahr stand das Problem der Inflation ganz oben auf der Tagesordnung. Eine sogenannte „Goldklausel“ sollte die Inflation bändigen. Es wurde empfohlen „man solle um Gulden, oder um soviele Wiener Pfenninge die den Wert eines Guldens ausmachen, kaufen und verkaufen.“ Eine Goldklausel erfüllt immer den Zweck, dass der Gläubiger bei Fälligkeit der Forderung auch den Betrag erhält, der wertmäßig bei Vertragsabschluss galt. Dabei richtet sich die Klausel üblicherweise entweder an eine bestimmte Menge an Gold, oder an deren Wert.

Zinsverbot lässt Kreditmarkt einbrechen

Am 16. Oktober 1434, die Hussitenunruhen galten als beendet, gab der Prager Landtag bekannt, dass man den Juden ihre Darlehen zurückzahlen solle. Dies aber ohne Zinsen. Nach den Unruhen litt das Land unter schweren Verwüstungen. Im Dezember 1437 ordnete Herzog Albrecht von Österreich auf Bitten seiner Bürger eine Zinsreduktion an. Beim Ignorieren der neuen Anordnung drohten schwere Strafen. Die wirtschaftliche Situation im Lande war weiter schlecht. Nach den Hussitenunruhen zwischen 1419 und 1436, war Österreich zwischen 1423 und 1430 im ersten venezianischen Türkenkrieg verwickelt. 1436 befand man sich schon wieder im Krieg. Dieses Mal verwickelte sich Österreich in einen Schweizer Erbschaftskrieg, der immerhin 14 Jahre andauern sollte. Dass die ständigen Kriege für die wirtschaftliche Entwicklung Österreichs nicht förderlich waren, liegt auf der Hand. Herzog Albrecht hoffte mit einer Reduzierung der Zinsen die Wut der Bürger etwas eindämmen zu können. Der Adel hatte allerdings andere Sorgen zu dieser Zeit. Er befürchtete den Verfall von Erbgut als Pfand an jüdische Gläubiger, und damit den Entgang von entsprechenden Einnahmen. Als Friedrich III. als Nachfolger Albrechts II. am 2. Februar 1440 zum deutschen König gewählt wurde, wurden zinspflichtige Darlehen komplett verboten. So brachte in Folge das Kreditgeschäft überhaupt keinen Verdienst mehr ein. Es blieben die Steuerzahlungen aus, und jüdische Kreditgeber befürchteten einer Vertreibung zum Opfer zu fallen, da man für das Herrscherhaus nun keinen Nutzen mehr brachte. Als die Hälfte des 15. Jahrhunderts vorbei war, galt die jüdischen Existenz in Österreich durch das Verbot von zinspflichtigen Darlehen weiter als bedroht. Als Resultat der unrentablen Kreditgesetze schieden die Juden spätestens 1496 aus dem Kreditgeschäft fast vollständig aus. Lange befand sich der Geldverleih in ihren Händen. Sie waren landesfürstliche Kammerknechte die durch hohe Zinsforderungen und Schutzgelder den gesamten Bargeldumsatz für den Landesfürsten zu versteuern hatten. Nach dem Ausscheiden der Juden meinte der Volksmund etwas satirisch, dass die christlichen Wechsler und Geldverleiher noch schlechter seien als die Juden. Trotz der kreditfeindlichen Gesetze blieb der Rentenkauf aber legal. In der Rechtssprechung von Matzleinsdorf hiess es im Jahr 1450: „Jeder Mann, ausgenommen Juden, darf in Not sein Erbgut versetzen oder verkaufen. Die Herrschaft darf ihn bei ehrlicher Absicht daran nicht hindern oder stören.“ Das erlaubte den Grundbesitzern die Verpfändung des Bodens (Verhaftung der Güter bei Rentenkäufen). Die Erbleihe war dabei im ländlichen Bereich die hofrechtlich gebundene Grundlage des Rentenkaufs. Allerdings wurde in der Grundherrschaft des Klosters Heiligenkreuz die weitere Belastung der Güter ohne grundherrliche Einwilligung grundsätzlich verboten. Die Anordnung dürfte daher nicht einheitlich vollzogen worden sein.

Der Schuldenkaiser

Als Friedrich III. am 19. August 1493 in Linz verstarb, wurde sein Sohn Maximilian I. im gleichen Jahr Erzherzog von Österreich. Da Maximilian I. gerne einem prunkvollen Lebensstil huldigte, und eine Menge Schulden zu machen pflegte, hatte er für die Verbote von zinspflichtigen Krediten seines Vaters nur wenig über. Sie dürften in dieser Zeit ihr Ende gefunden haben. Er liess sich die Option auf das Recht für zinslose Darlehen für sich selbst aber offen. Das generelle Verbot von zinspfichtigen Krediten in Österreich fand in Europa ohnehin so gut wie keine Nachahmer. In Frankreich ist beispielsweise zwischen 1500 und 1650 ein Zinsfuss zwischen 5 und 10 Prozent überliefert. Maximilians Geschäftspartner hatten mit den zinslosen Krediten an ihren Erzherzog und späteren Kaiser des Heiligen Römischen Reiches allerdings keine Probleme. Sie waren meist Begünstigte von einträglichen Monopolen und erfüllten ihrem Kaiser diesen Wunsch gerne. Man profitierte von seiner Politik und der wirtschaftlichen Blüte. Ebenso wusste Maximilian seine Kreditgeber mit massiven Steuererleichterungen bei Laune zu halten. Österreich galt damals als Steuerparadies, und die Unternehmer und Grundherren wussten dies auch glänzend zu verteidigen. Auch mit der Handelspolitik war man sich einig. Maximilian verteidigte militärisch die Handelsverbindungen mit Italien gegen Frankreich, und auch die Waffenproduktion lief auf Hochtouren. Damit liess sich viel Geld verdienen, und so durfte sich der Kaiser bei den Grossunternehmern grosser Beliebtheit erfreut haben. Maximilans Jahreseinkommen von 500.000 Gulden standen Schulden in mehrfacher Höhe gegenüber. Mit den unverzinsten Darlehen konnten die Schulden einigermassen stabil gehalten werden. Ebenso waren für den Kaiser finanziellen Zwangsmassnahmen unbekannt. Er hatte für seine finanzielle Sorglosigkeit keine Konsequenzen zu fürchten. Erst nach seinem Tod am 12. Januar 1519 in Wels folgte der grosse Finanzkrach.

Kreditgeschäft wird neu belebt

Spätestens ab 1500, nachdem von Maximilian I. die unrentablen Kreditgesetze Friedrichs III. wieder abgeschafft wurden, lebte das Kreditgeschäft in Österreich wieder voll auf. Die Juden waren in den letzten 60 Jahren als Geldverleiher aber fast vollständig aus dem Markt gedrängt worden. Das grosse Geschäft machten hingegen die Gesellschaften des Kupfer und Silberabbaus in Schwaz (Tirol). Sie machten brillante Umsätze und konnten es sich leisten auch im Bank und Verleihgeschäft tätig zu werden. Ihren Anlegern gönnten sie aber nur mässige Zinsen. 3, 4, und maximal 5 Prozent waren damals so üblich. Ihre Montanverträge trugen ein mehrfaches davon ein. Das Kreditgeschäft wurde aus dem italienischen Raum kommend wieder neu belebt. Die Kredite sind in der Regel mit 5 Prozent verzinst worden, und das war auch allgemein moralisch vertretbar, obwohl das kirchliche Zinsverbot formal noch seine Gültigkeit hatte. Doch um das kanonische Zinsverbot kümmerte sich damals bereits kein Christ mehr. Die sich schnell entwickelnde Wirtschaft wäre ohne Darlehen und Zinsen auch gar nicht mehr zurecht gekommen. Selbst arme Leute, Knechte und Mädge besassen Bankguthaben. Der Hunger nach Geld war eine Massenerscheinung. Kurzfristige Darlehen für reisende Geschäftsleute nahmen massiv zu, und man konnte dadurch viel Geld verdienen. Hochadelige Familien wie die Prager oder die Grafen von Hardegg, oder aber auch bürgerliche Geschäftsleute und hohen Beamte in wirtschaftlichen Unternehmungen, stiegen nun in das Kreditgeschäft ein. Der Ritterstand musste den Verlockungen der riesigen Gewinne im Kreditgeschäft aber entsagen. Das widersprach dem ritterlichen Ehrenkodex älterer Zeit.

1527 war der rasante wirtschaftliche Aufschwung aber vorerst einmal zu Ende. Eine Bank mit engen Verbindungen zum Kaiserhaus brach zusammen. Auch die kleinen Leute verloren ihre Einlagen von fünf bis zehn Gulden. Dadurch änderte sich die öffentliche Meinung, und man schimpfte voll Hass und Wut gegen die Wucherer. Durch den maximilianischen Staatsbankrott und in der daraufhin eingeleiteten Entschuldung des Staates, die voller Schärfe eingeleitet wurde, sind vor allem kleine Leute um ihr karges Vermögen gebracht worden. Das verstärkte den Unmut nur noch. Bankenzusammenbrüche gab es zu dieser Zeit auch in Venedig. Der damalige Regent Karl V. profitierte aber von den neu eroberten Ländern auf dem amerikanischen Kontinent. Gold- und Silberlieferungen der Konquistadoren trafen bald aus den neuen Besitzungen ein und verbesserten die wirtschaftlichen Verhältnisse Österreichs bedeutend. Jedoch wurde der neue Reichtum wieder einmal dazu benützt, um exzessiv Kriege zu führen.

Der 30-jährige Krieg

Die weiteren Jahrzehnte waren geprägt von Religionskonflikten, Kriegen und Bauernaufständen. Die turbulenten Zeiten dürften sich wohl auch nicht sehr förderlich auf den österreichischen Kreditmarkt ausgewirkt haben. 1618 eskalierte die Lage in Prag, und es brach der 30-jährige Krieg aus. Die Juden konnten sich nach der fast vollständigen Verdrängung aus dem österreichischen Kreditgeschäft nach über 150 Jahren wieder eine wichtige Stellung im Finanzwesen sichern. Sie waren stark im Münzgeschäft tätig, und das machte sie für das Kaiserhaus sehr interessant. Beispielsweise wollten kaiserliche Behörden ein Jahr nach Kriegsausbruch von den Juden einen 35.000 Gulden Kredit fordern. Nach Verhandlungen entstand aus dem 35.000 Gulden Kredit eine 20.000 Gulden Kontribution. Wäre nicht bezahlt worden, hätte man die Juden ausgewiesen. Nur ein Beispiel wie positive Kreditvergaben von den Herrschern oft erzwungen wurden. Man befand sich aber auch in Zugzwang, denn Wien wurde schon im zweiten Jahr nach Kriegsausbruch bereits von feindlichen Truppen bedrängt. Um 1640, der 30-jährige Krieg war noch immer voll im Gange, konnten sich die Juden immer besser am Kreditmarkt etablieren. Grosse Kredite waren aber auf Grund der allgemein schlechten wirtschaftlichen Situation in Europa ohnehin nicht möglich. Die finanziellen Möglichkeiten waren sehr beschränkt. Daher mussten die Kreditnehmer auch enorm hohe Zinsbelastungen akzeptieren. Viele haben sich damit völlig ruiniert. Erst nach dem Krieg konnte man sich über die Opfer der enormen Zinsanschwellung Gedanken machen.

Als der Krieg 1648 endlich zu Ende war, ist Österreich von der kriegsbedingten Einwirkung eher glimpflich davongekommen. Nur Wien und der Norden Niederösterreichs hatten für eine kurze Periode direkt unter dem Kampfgeschehen zu leiden. Trotzdem hinterliess der Krieg grosse wirtschaftliche Schwierigkeiten, die man nun zu lösen hatte. Viele Österreicher mussten sich zwangsweise verschulden um irgendwie über die Runden zu kommen oder weiter ihrem Gewerbe nachgehen zu können. Die Zinsbelastung war während des Kriegszeit aber enorm, und so schlitterten viele Kreditnehmer in das Verderben. Da die Machthaber auf Grund der vielen unzufriedenen Kreditopfer im Land Unruhen, und Streitigkeiten zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber fürchteten, musste man die Schwierigkeiten schnell und effizient angehen, damit nach dem offiziellen Friedensschluss auch ein dauerhafter und sozialer Frieden aufkeimen konnte. Man beschloss eine gesetzliche Zinssatzbeschränkung von 5 Prozent, und eine rigorose Anwednung der Exekution gegenüber einem säumigen Schuldner. Dies sollte die Gefahr von Streitigkeiten bannen, und ein versöhnliches Auskommen zwischen Gläubiger und Schuldner garantieren. Streitigkeiten, so hoffte man, würde man damit im Keim ersticken. Eine ausgleichende Gerechtigkeit zwischen Schuldner und Gläubiger war im volkswirtschaftlichen Sinne deshalb wichtig, da die Gläubiger ihr Kapital weiter in den Markt investieren sollten, der nach dem verheerenden Krieg unter akuter Kapitalarmut litt. Dem Gläubiger wurden so bessere Sicherheiten geboten. Doch auch der Situation des Schuldners wollte man Beachtung schenken, da er durch die massive Kriegseinwirkung völlig unverschuldet Geld zu hohen Zinsen aufnehmen musste, um sein Leid etwas lindern zu können. Auch in anderen europäischen Ländern machte man sich nach dem 30-jährigen Krieg Gedanken die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Der Kreditfrage mass man in diesem Zusammenhang eine hohe Bedeutung zu. Nicht alle nahmen sich dabei an Österreich ein Beispiel. In Frankreich hielt man von geringen Zinssätzen damals eher wenig. Von König Ludwig XIV. ist ein Zitat überliefert in dem er die Feststellung traf dass „ein niedriger Zinssatz das Kapital aus dem Kreditverkehr verscheuchen würde.“

7-jähriger Krieg und Erfindung des Pfandbriefes

Anfang 1700 war der Privatkredit (Kreditgeber handelt nicht gewerblich sondern als Privatperson und steht meist im Verwandtschaftsverhältnis mit dem Kreditnehmer) nicht mehr in der Lage, die Kreditbedürfnisse der Landwirte zu befriedigen. Er fand dennoch hin und wieder noch Verwendung. Erst 1870 ist diese Finanzierungsform in Österreich dann so gut wie vollständig verschwunden. Um 1750 wurde in Österreich ein nachhaltiger wirtschaftlicher Fortschritt spürbar. Der 7-jährige Krieg, der 1756 ausbrach, hatte allerdings für Österreich zum Teil katastrophale Auswirkungen, und verzögerte den wirtschaftlichen Aufschwung um einige Jahrzehnte. Als er 1763 endete, war in der österreichischen Landwirtschaft ein dringender Bedarf an Krediten in besonders starken Ausmass spürbar. Durch den langen Krieg wurden die Landbesitze und Rittergüter schwer verwüstet. Das damals alte und einfache Privatdarlehen reichte schon vor dem Krieg nicht mehr aus um die Bedürfnisse einigermassen zufriedenzustellen. Dieser dringende Geldbedarf hatte den Pfandbrief hervorgebracht. Es wurden von Justizkollegien Schuldverschreibungen auf Pergamentpapier ausgefertigt und „konsentiert“. Damit genehmigte das Gericht die Verpfändung des Grundstückes, und bestätigte dass das Hypothekarkapital buchmässig sichergestellt und eingetragen worden ist. Erst dann erlangte der Brief Rechtskraft und wurde wie bares Geld angenommen. Es dauerte aber noch einige Jahre bis der Pfandbrief in Österreich praktische Anwendung fand. Nach den guten Erfahrungen in Preussen, Friedrich II. von Preussen galt als Erfinder des Pfandbriefes, wurde erst im Jahr 1790 der Pfandbrief auch in Österreich eingeführt. Die Urkunde wurde damals auch als „lederner Brief“ bezeichnet.

Die ersten Banken moderner Prägung

Am 12. Dezember 1786 wurde in Österreich das erste Bankprivileg mit Patent ausgestellt. Die „k.k. priviligierte & octroyierte Wiener Kommerzial, Leih und Wechsel-Bank“ war geboren. Häufig auch nur nach ihrem prominenten Hauptaktionär „Schwarzenberg Bank“ benannt. Die Bank widmete sich vor allem dem Geschäft mit Lombard und Hypothekarkrediten. Es war die erste Bank in der Habsburgermonarchie im modernen Sinne, die ohne Beteiligung eines staatlichen Kapitals gegründet wurde. Die aufsehenerregende Bankgründung inspirierte auch den damaligen Herrscher Joseph II. Schon am 29. Januar 1787 versuchte er mit einem neuen Gesetz die Aufhebung der Zinsbeschränkung bei Krediten durchzusetzen. Sofort schnellte der Zinssatz in die Höhe. Das hatte aber gute Gründe wie Kriege, innere Unruhen, Stockung der Industrie, Bürgerzwiste und Vertrauensverlust. Exorbitant hohe Zinssätze wollte Joseph II. seinen Untertanen aber dann auch nicht zumuten. Er wählte den einfachen Weg. Anstatt Kriege und Unruhen zu beenden, die Industrie in Gang zu bringen, die Streitigkeiten unter den Bürgern ein Ende zu setzen und Vertrauen aufzubauen, um den Zinssatz auf natürliche Weise zu senken, wurde mit einem Gesetzesbeschluss die Zinsbeschränkung von 5 Prozent wieder eingeführt. Das geschah im Jahr 1794. Immerhin hielt der freie Zinssatz 7 Jahre.

Um 1790, mitten in der Zeit des freien Zinssatzes in Österreich, wurden Kreditgeber für sehr riskante Geschäftsideen gesucht. Unternehmer mit riskanten Kreditwünschen, die den Banken das Blaue vom Himmel versprachen, wurden in einem internen Schreiben als „Schurken“ bezeichnet. In dieser Zeit in Österreich einen Kredit zu bekommen war oft nicht leicht. Das Geldwesen war in Österreich noch sehr unterentwickelt. Das Land war eher auf seine Agrarwirtschaft ausgerichtet. Ausserdem war Österreich ein Binnenland. Es hatte zwar im Süden einen Zugang zum Meer, und mit Triest und Fiume auch zwei grosse Häfen, doch diese galten in der Adria nur als Ende einer Sackgasse. Auch die falsche Flussrichtung der Donau hemmte die wirtschaftliche Entwicklung Österreichs. Massengüter wurden im Osten erzeugt, und hatten es somit schwer gegen den Strom zu schwimmen, um gegen hochwertige Erzeugnisse aus dem Westen getauscht zu werden.

Seit 1794 galt nun wieder die gesetzliche Zinsbeschränkung von 5 Prozent, um so ein unkontrolliertes Steigen der Zinssätze zu verhindern. Doch so glücklich war man mit der Lösung auch wieder nicht. Am 2. Dezember 1803 folgte daher eine Reform im Kreditgesetz. Bei Übertreten des gesetzlichen Zinssatzes sollten nun nur mehr „mässige Strafen“ in Betracht gezogen werden. Viele Stimmen forderten zwar eine neuerliche Abschaffung der Zinsbeschränkung, doch Joseph II. blieb hart und versuchte seine Entscheidung so zu begründen: „An die Stelle der durch diese Begründung (der Zinsfreiheit) beabsichtigten freieren Verwendung der Kapitalien zur Unterstützung nützlicher Unternehmungen trat ungemässigte Gewinnsucht, die auf die Thorheit der Verschwendung und die Drangumstände des Bedürfnisses spekulierte, Fleiss und Betriebsamkeit mutlos machte, den Privatkredit unterdrückte und die schändlichsten Folgen auf Sitte und Gesinnungen verbreitete.“

Napoleon

Nach dem 2. Dezember 1803 folgte in kurzen Abständen ein hin und her zwischen Zinsbeschränkungen und der Freiheit des Zinssatzes. Es wurde viel diskutiert, verglichen und abgewogen, was nun die Ideallösung sei. Am 2. Dezember 1805 rückten die Diskussionen aber kurz in den Hintergrund. Napoleon schlug die Österreicher mit den Russen vernichtend bei Austerlitz, und beendete zwei Jahre später die Debatten um den Zinssatz. Der festgelegte Zinssatz von 5 Prozent wurde nun bestätigt. 1811 schlitterte Österreich in einen Staatsbankrott. Die ständigen Kriegswirren hatten das Land schwer mitgenommen. Immerhin wurden bereits seit 1792 ständig Kriege geführt. Die Finanzierung erfolgte durch die Notenpresse. Eine erhebliche Geldentwertung war die Folge. Nachdem Österreich nun auch als endgültiger Verlierer der militärischen Auseinandersetzungen feststand, konnte der Staatsbankrott nicht mehr verhindert werden. Auch Österreichs erste Bank im modernen Sinne, die k.k. priviligierte & octroyierte Wiener Kommerzial, Leih und Wechsel-Bank, kam in diesen schwierigen Zeiten unter die Räder. Der Staatsbankrott und die politischen Schwierigkeiten nach der Niederlage gegen Napoleon führten zur Niedergang der Bank, und schliesslich 1830 zu ihrer Liquidation.

In der Völkerschlacht von Leipzig, zwischen dem 16. und 19. Oktober 1813, konnten die Österreicher im Bündnis mit Preussen, Russland und Schweden endlich Napoleon besiegen. Mit Napoleon dürfte am Ende des Jahres 1813 auch die Zinsbeschränkung gefallen sein, denn historische Quellen berichten noch im selben Jahr von „kriegsbedingter Inflation und Zinssätze bei privaten Geldverleihern von 20 Prozent“. Als löbliche Ausnahme wurde die bereits im Niedergang befindliche „k.k. priviligierte & octroyierte Wiener Kommerzial, Leih und Wechsel-Bank“ erwähnt. Auf Grund ihrer bedeutend günstigeren Zinssätze bekam sie viel Lob von der hohen Politik. Die Bank war sehr darauf bedacht, ihren gemeinnützigen Charakter in den Vordergrund zu stellen. Es sei Aufgabe der Bank, den Wucher zu beschränken und armen Fabrikanten auszuhelfen, hiess es in einem Dokument bereits 1791.

Napoleons Ende in Europa gilt als Wendepunkt in der Geschichte des Geldbegriffes. In den vergangenen Jahrhunderten hatte die überwältigende Mehrheit der Menschen zum Begriff Geld so gut wie keine Beziehung. Man dachte in Naturalien und wurde weitestgehend in Naturalien entlohnt. Freie Kost, freie Bettstatt, und ein Gewand pro Jahr war beim hochherrschaftlichen Gesinde gang und gäbe. Nach der Niederlage Napoleons fiel die Scheu vor dem Zinsennehmen in vollem Umfang, und es wurde im Bürgertum ein legitimes Ziel, Geld zu verdienen. Doch in Österreich herrschte immer noch das Problem der akuten Kapitalarmut. Man wollte als europäische Grossmacht am rasanten Fortschritt teilhaben. Der Eisenbahnbau und die Industrie mussten finanziert werden. Das ging nur mit Kapital aus dem Ausland. Daher beherrschten bald Schweizer, Deutsche, Griechen und Levantiner den österreichischen Kredit und Kapitalmarkt.

Die ersten ausländischen Banken kommen

Nach dem Wiener Kongress, der in Europa die Grenzen neu festlegen sollte, neue Staaten definierte, und am 9. Juni 1815 sein Ende fand, kamen bereits ein Jahr darauf die ersten ausländischen Banken nach Österreich, um dem Problem der österreichischen Kapitalarmut abzuhelfen. 1816 wurde ebenso die Österreichische Nationalbank konstituiert. Als sich im gleichen Jahr das Frankfurter Bankhaus Rothschild in das österreichische Geldgeschäft einschaltete, galt dies als ein sehr wichtiges Ereignis. Rothschild war die erste ausländische Bank in Österreich, und die Expansion in die Donaumonarchie dürfte Signalwirkung gehabt haben. Bald kamen immer mehr ausländische Banken in das Land. Das Kreditgeschäft nahm mehr und mehr zu, und es konnten immer grösssere Summen an Kapital bereitgestellt werden. Österreichische Banken hatten es aber sehr schwer, gegen die ausländischen Konkurrenten zu bestehen. Beispielsweise hatten die griechischen Banker den Vorteil von guten Beziehungen zum Osmanischen Reich, was sie geschickt für das Importgeschäft aus Asien und dem Nahen Osten zu nutzen wussten. Nach dem grossen Staatskrach von 1811 genossen die österreichischen Banken auch wenig Vertrauen in der Bevölkerung, und mussten sich innerhalb weniger Jahre reihenweise für Bankrott erklären lassen. Jene österreichische Banken, die sich am Markt behaupten konnten, hatten es allerdings extrem schwer, verstreutes Kleinkapital zu sammeln.

1819 wurde der „Verein der Ersten österreichischen Spar-Casse“ gegründet. Das Gründungskapital von 10.000 Gulden kam von 53 Wiener Wohlstandsbürgern. Ziel der Spar-Casse war es, dass Handwerker und Tagelöhner einen Teil ihres Einkommens für schlechte Zeiten auf die Seite legen konnten. So wurde Kleinkapital erfolgreich eingesammelt und konnte eingesetzt werden. Das angelegte Kapital wurde mit 4 Prozent verzinst. Am Beginn war das aber zu wenig Geld für das Hypothekgeschäft. Daher wurden Staatspapiere angekauft.

Um 1840 waren mündelsichere Hypotheken gegen 2 1/2 – 3 1/2 Prozent Zinsen ohne Schwierigkeit zu bekommen. In den folgenden 30 Jahren stieg der Zinsfuss, und das Kapital entzog sich immer mehr dem Realkredit. 1870 reichte es überhaupt nicht mehr aus.

Revolution von 1848

Vor dem Revolutionsjahr 1848 hatte sich die Kapitalarmut in Österreich dank der ausländischen Banken und Investoren wesentlich gebessert. Die Landwirtschaft hatte aber im Gegensatz zur Industrie noch nicht das grosse Bedürfnis nach Geld. Man wirtschaftete so, wie es sich gerade am Besten machte, und baute an, was man mit seinen Arbeitskräften auch bewältigen konnte. Für die Ernte gab es in der Regel keine beständigen Abnehmer. Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse wurden so lange gelagert, bis sie am Markt einen akzeptablen Preis erreichen konnten. Diese Umstände machte den Drang nach Intensivierung überflüssig, daher wurde das Kapital vor 1848 in der Landwirtschaft auch nicht so dringend benötigt wie in der Industrie.

Wie alle Krisen, so hatte auch die Revolution von 1848 einschneidende Probleme für die wirtschaftliche Entwicklung nach sich gezogen. Mit der Unsicherheit der Zeit stiegen die Zinssätze enorm an, und Kapital wurde aus dem Kreditverkehr entzogen. Wer borgt auch schon gerne Geld her, wenn er nicht weiss, was der morgige Tag bringen wird? Es ist aus diesem Jahr aber eine interessante Geschichte überliefert, wie man den Schwierigkeiten dieser Zeit in Wien begegnen wollte. Schon vor dem Jahr 1848 litten selbstständige Handwerker und Kleingewerbetreibende unter dem wirtschaftlichen Strukturwandel. Der Ausbruch der Revolution und die daraus resultierende rückläufige wirtschaftliche Entwicklung, setzte den Unternehmern noch zusätzlich zu. Der Bestand ihrer Existenz stand auf dem Spiel. Aufgrund der damaligen Wirrnisse konnte man von der Gemeinde Wien oder dem Staat keine wirksame Hilfe erwarten. Hilfe konnte für einen längeren Zeitraum auch gar nicht zustande kommen. Die Unruhe im Volk war gross. Kleinbürger gaben die Schuld an der schlechten Situation nicht der Revolution, sondern der missbräuchlichen Verwendung des Kapitals. Die Eintreibung der Kredite, mit denen viele Kleingewerbetreibende belastet waren, erwies sich als sehr schwierig. Hohe Kreditzinsen sorgten für schlechte Stimmung und gipfelte in einer Widerstandsbewegung. Hausbesitzer wurden damit gezwungen, den Zins freiwillig zu senken. Sie wollten einfach nur noch retten, was zu retten war. Daher stimmten sie der Zinsreduktion zu. In diesem Moment der allgemeinen Not und der unüberwindlich scheinenden Probleme, betrat plötzlich der Wiener Uhrmachermeister August Swoboda die Bühne der Zeitgeschichte. Er wurde als „kleines buckliges blasses Männchen von 50 Jahren“ beschrieben, und liess mit einem Plan zur Linderung der Not des Gewerbestandes aufhorchen. Zu Beginn wollte er mit einer neu gegründeten Leihanstalt Anweisungen auf einen bestimmten Einheitsbetrag herausgeben. Die Anzahl der Anweisungen sollte die Anzahl der Häuser in Wien ausmachen. Alle Hausbesitzer sollten verpflichtet werden, den jeweiligen Betrag grundbürgerlich einzutragen und so zu garantieren. Die garantierten Anweisungen wären dann, mit Billigung des Staates, zu einer Art Ersatzgeld geworden, und an bedürftige Handwerksmeister und kleinen Fabrikanten als zinsloses, in Raten rückzahlbares Darlehen ausgegeben worden. Der Plan wurde nicht angenommen. Der Zentralausschuss verwies Swoboda an den Magistrat, der ihn ablehnte.

Doch Swoboda gab nicht auf. Nur einen Monat später hatte er eine neue Idee, wie die wirtschaftliche Situation im revolutionsgebeutelten Wien wieder verbessert werden konnte. Er gründete einen „Privat Darlehen Verein ohne Hypothek“. Diesen Verein gab er das Ziel steuerpflichtigen Gewerbetreibenden, die in Not geraten waren, mit einem Darlehen zwischen 50 und 350 Gulden auszuhelfen. Der Verein sollte aus „unterstützenden Mitgliedern“ und „zu unterstützenden Mitgliedern“ bestehen. Also Leuten die Geld zur Verfügung stellen, und solchen denen es zugute kommen soll. Der umtriebige Uhrmacher gab 200.000 Aktien zu 20 Gulden heraus. So entstand ein Gesamtkapital von 4 Millionen Gulden. Jede dieser Aktien sollte 5 Prozent Zinsen tragen. Doch erst bei Ziehung sollte die Aktie berechnet und zugeteilt werden. Von dem Geld aus den Aktienverkäufen hätte das Kapital für die Darlehen herkommen sollen. Bei einem 50 Gulden Kredit wäre in jedem Monat 1 Gulden und ein bestimmter Betrag an Zinsen zurückgezahlt worden. Wenn alles so gelaufen wäre wie es Swoboda berechnet hatte, wäre in vier Jahren und zwei Monaten das gesamte Aktienkapital plus Zinsen zurückgezahlt gewesen. Als zusätzliche Sicherheit hatte Swoboda jedes Mitglied in die Pflicht genommen, bei Verlusten denjenigen Teil monatlich zurückzahlen zu müssen, der nach einer gleichmässigen Verteilung unter alle Mitgliedern auf jeden Einzelnen gekommen wäre. Am 27. Mai 1848 begann die grossangelegte Werbekampagne für seinen Privat Darlehen Verein ohne Hypothek mit einem offenen Brief an die vermögenden Bewohner Wiens. Obwohl der Verein von der Presse, grösseren Gewerbetreibenden, Handelshäusern und der Börse ignoriert wurde, hatte er erstaunlich viel Zulauf. Für 10 Kreuzer Einschreibgebühr konnte jedes neue Mitglied auf dringend benötigtes Kapital zu günstigen Zinsen hoffen. Selbst der Kaiser befand die Idee für gut und spendete 10.000 Gulden. Eigentlich wollte der Kaiser, wie jedes andere unterstützende Mitglied auch, die Aktien kaufen, doch das wurde vom Ministerrat abgelehnt. Die grosse Popularität des Vereins war nicht aufzuhalten und bald hatte man 40.000 registrierte Mitglieder. Doch der Verein hatte ein Problem. Von den 40.000 Mitgliedern waren viel zu viele dabei, die auf einen Kredit hofften, und viel zu wenige die auch Geld zur Verfügung stellen konnten. Die Deckung der vorgesehenen Darlehen war deshalb nicht gegeben. Doch Swoboda hatte schnell die Lösung. Er gab bei der Darlehensvergabe statt Bargeld seine Aktien aus, denn er hoffte, sie würden als Zahlungsmittel akzeptiert werden. Schliesslich genoss sein Verein eine hohe Popularität in Wien. Der Plan ging aber nur wenige Stunden gut. Der Wert der Aktien begann rasch zu sinken, bis keiner mehr bereit war, sie statt barer Münze anzunehmen. Swoboda verlange nun vom Wiener Gemeindeausschuss eine Haftung für die bereits ausgegebeben Aktien. Eine aufgebrachte Menge unterstützte ihn in seinem Vorhaben, und so belagerte man den Sitzungssaal des Gemeindeausschusses. Da es sich um einen Privatverein handelte, konnte eine staatliche Garantie keine Anwendung finden. Trotzdem fand man sich nach massiven Protesten dazu bereit, dem Verein von staatlicher Seite einen 500.000 Gulden Kredit zu gewähren, und damit den Geschädigten zu helfen. Am 12. September 1848 erfolgte der Beschluss, die Aktien des Vereins einzulösen. Die Aktien wurden bis zum 7. Februar 1849 eingelöst und die Aktienbücher beschlagnahmt. Die Entschädigung der Mitglieder lief über den Staatsschuldentilgungsfond. Die Besitzer der Aktien sollten ein Fünftel des Nennwertes bekommen. Da aber die Aktien gegen Bargeld oft weitergegeben wurden, kam es zu Problemen, und es tauchte die Frage auf, was mit den Forderungen der Aktienbesitzer aus zweiter oder dritter Hand geschehen sollte. Der Ministerrat war gegen eine Entschädigung. Trotzdem wurde schlussendlich doch eine Entschädigung möglich gemacht. Allerdings mit der Bedingung, dass man mit den Vorbesitzern der Aktie bei der Liquidierungskommission zu erscheinen hätte. Am Ende mussten vom Staat nur 40.913 Gulden und 27 Kreuzer für die Liquidierung des Vereins und seiner Aktien aufgewendet werden. Die Rückzahlung an den Staat sollte in drei Raten vor sich gehen. Wobei man davon ausging, dass bereits bei der Rückzahlung der ersten Rate die Forderungen abgeschrieben werden müssen. Vom Uhrmacher Swoboda und seinem weiteren Schicksal ist heute leider nichts mehr bekannt.

Österreichische Landwirtschaft benötigt dringend Kredite

Nach dem Revolutionsjahr von 1848 änderte sich die Situation für die Bauern in Österreich dramatisch. Es folgte das Ende der Grundherrschaft. Viele kleine Bauern kamen mit der neu erhaltenen Freiheit nicht zurecht und verschuldeten sich teilweise hoffungslos. Mit den Eisenbahnen kamen später grosse Mengen Getreide aus Osteuropa nach Österreich, und drückten hier die Preise. Unglücksfälle, wie zum Beispiel Krankheiten, brachten mitunter rasch die Not ins Haus. Als einziger Ausweg bot sich meist ein Beschäftigungsverhältnis als Industriearbeiter an. Überschuldete Höfe wurden von Grossgrundbesitzern gerne aufgekauft, denn Landwirtschaft im grossen Stil warf damals riesige Gewinne ab. Doch die Bauern waren nach 1848 auch mit einer grösseren Steuerpflicht konfrontiert. Neue Landwirtschaftsgeräte mussten angeschafft werden, und durch die anspruchsvolle Bedienung der Geräte und den hohen technischen Anforderungen wurde auch die Anwerbung von neuen und kostspieligen Arbeitskräften nötig. Jetzt benötigte man in der Landwirtschaft viel Kapital. Der lohnende Anbau von Getreide und die günstige Konjunktur machten eine Vergrösserung der Anbauflächen nötig. Auch dafür wurde Geld benötigt, um diese Aufgaben rasch bewältigen zu können.

Doch wie ist der Landwirt damals an sein Kapital gekommen? Der gewöhnliche und bisher übliche Privatkredit reichte nicht mehr aus. Ebenso war das Geld von Gemeinden und Stiftungen sehr knapp bemessen. Grössere Geldinstitute gab es damals noch nicht so viele, und schon gar nicht am Land. Der Adel hatte von je her wenig Kredit, und war meist selber verschuldet. In vielen Fällen hatte sich der Adel nur einem Grund Geld geliehen: Um seinen hohen Lebensstandard halten zu können ! Das konnte auf Dauer natürlich nicht gut gehen. Doch die Gewohnheit der letzten Jahrhunderte steckten noch in den einen oder anderen Blaublüter. Die Sicherheiten der Adeligen liessen bei den Kreditgebern auch nicht gerade Freude aufkommen. Ein Bürger konnte vor 1836 kein adeliges Gut erwerben. Was wollte nun der Gläubiger einem adeligen Schuldner antun, wenn er nicht an seine Güter die Hand legen konnte? Ein Gerichtsverfahren war meist so fruchtlos wie es umständlich war. Diese Verhältnisse waren nun in einem rasanten Wandel begriffen.

Nach 1848 kam für viele Bürger wieder der Sparstrumpf in Mode. Erst drei Jahre später normalisierte sich die Situation, und die Banken erhielten wieder mehr Kapital durch Spareinlagen. Mit den Spareinlagen der Bürger veröffneten sich für die Banken etwas bessere Möglichkeiten im Kreditgeschäft, von denen letztendlich auch wieder die österreichische Landwirtschaft profitieren konnte. Kredite in der Landwirtschaft hatten in dieser Zeit eine relativ kurze Laufzeit und wurden aus Einlagen gespeist. Dies bedeutete eine starke Belastung für den Kreditnehmer. Auf Grund der kurzen Laufzeit wurden immer wieder neue Kredit mit neuen Konditionen aufgenommen, bis dass der Kreditnehmer im schlimmsten Fall völlig den Überblick verlor. Die Einrichtung von Landesanstalten in den Jahren 1889 (Niederösterreich), 1890 (Oberösterreich), 1896 (Kärnten), 1899 (Tirol und Vorarlberg), 1909 (Salzburg), 1928 (Burgenland), 1929 (Wien) und 1930 (Steiermark) konnte die Situation für die Landwirte aber verbessern. Nun war es auch möglich, langfristige Kredite aufzunehmen.

Zinsbeschränkungen und Entwicklung des modernen Bankgeschäftes

1850 ging es wieder einmal den Zinsen an den Kragen. Durch den Kapitalmangel und den unsicheren Zeiten im Revolutionsjahr 1848, waren die Zinsen zwei Jahre danach immer noch sehr hoch. Die weise Politik wollte die hohen Zinssätze mit einem Gesetz wieder gewaltsam nach unten drücken. Es wurden den Gesetzesübertretern schwere Strafen angedroht. Auch Haftstrafen waren möglich. Die Regierung versuchte alles, um die Höhe der Zinsen in ihrem Sinne beeinflussen zu können. Trotz dieser harten Strafen liessen sich Zinssatzüberschreitungen aber nicht verhindern. Sie wurden in versteckten Umgehungen und Verschleierungen ausgeübt. Immer öfter wurde von der Bevölkerung die gesetzliche Freigabe der Kreditzinsen gefordert.

In dieser Zeit wurden auch Personalkredit, sowie Wechsel mit unverhätlnismässiger Deckung von Kaufleuten und Fabrikanten, als geldvertretendes Papier in Umlauf gebracht. Für Grundeigentümer war es nicht möglich, einen Teil ihres Grundeigentums in Betriebskapital unzuwandeln. Ein Autor brachte dies in einem Buch mit Erstaunen zur Kenntnis. Grundeigentümer konnten ihr wertvolles Besitztum nicht im gleichen Masse bei den Banken zur Geltung bringen als Kaufleute und Fabrikanten, obwohl es damals keine bessere Sicherheiten als Grund und Boden zu geben schien, meinte der Autor. Im Gegensatz dazu waren die Personalkredit-Wechsel nur mit einem Drittel in Metallgeld gedeckt, so der Autor.

Trotz aller wirtschaftlicher Schwierigkeiten begannen sich in den folgenden Jahren Österreichs Banken und das Kreditgeschäft rasant zu entwickeln. In einem zeitgenössischen Blatt hiess es am 27. Dezember 1855: „Es ist unglaublich, wie schnell sich das Interesse für Kreditanstalten, welche die letzten Wochen in das Leben gerufen haben, aller Schichten der Gesellschaft bemächtigt hat. Unsere Blätter gehen vollständig in der Erörterung finanzieller und nationalökonomischer Fragen auf. Unter solchen Umständen blickt die ganze Welt mit übertriebenen Erwartungen auf die goldene Zeit der Zukunft.“

Am 29. Juli 1853 wurde die Zinsbeschränkung in Österreich weiter verschärft. Nach der allgemeinen österreichischen Strafprozessordnung galten folgende Gründe als Verstoss gegen das Wuchergesetz, und hätten eine Spezialuntersuchung nach sich gezogen.
1. Wenn ohne wahrscheinliche Unerfahrenheit der Parteien die Urkunde über eine Schuldforderung so undeutlich, unvollständig und zweideutig abgefasst ist, dass daraus der eigentliche Grund oder Gegenstand der Forderung hinsichtlich der Grösse oder der Eigenschaft des Kapitals und das Mass der Zinsen nicht bestimmt entnommen werden kann;
2. Wenn die Urkunde über eine Schuld einen bereits als erdichtet erwiesenen Umstand enthält;
3. Wenn bei einem beträchtlichen Anleihen die Zuzählung des Kapitals, dessen vollständiger Empfang von dem Erleiher widersprochen wird, ohne Beiziehung glaubwürdiger Zeugen geschehen sein soll;
4. Wenn in der Urkunde über einen vorgeblichen Kauf, Menge oder Preis der geborgten Waren nicht deutlich ausgedrückt wird; oder
5. Wenn der Verkäufer eine beträchtliche Menge solcher Waren geborgt hat, die er selbst nicht führt, oder die dem Bedürfnis oder den Verhältnissen des Käufers wenigstens in dem Masse offenbar nicht angemessen sind;
6. Wenn nach den bekannten Vermögensumständen des ursprünglichen Darleihers oder des Zessionars nicht wahrscheinlich ist, dass der Erstere eine so beträchtliche Summe dargeliehen, oder der Letztere sie an sich gelöset habe;
7. Wenn bei abgetrenen Forderungen der Zedent eine dem Gerichte unbekannte Person ist und nicht ausfindig gemacht werden kann;
8. Wenn Jemand einer Person, die für sich allein keinen gültigen Vertrag eingehen kann, geborgt hat, ohne für die (etwa dringend notwendige oder nützliche) Verwendung Sorge zu tragen;
9. Wenn Jemanden eine so beträchtliche Summe geborgt wird, dass nach dessen bekannten Vermögensverhältnissen die vollständige Rückzahlung vernünftiger Weise nicht erwartet werden konnte.
Fazit: die meisten dieser näheren Verdachtsgründe waren gegen „verschleierten“ Wucher gerichtet. Damit wollte man auch gegen diese, vom Staat als Übel empfundene, Umtriebe kompromisslos vorgehen.

1855 wurde in der Nationalbank eine Hypothekarabteilung eingerichtet. Diese konnte aber auch nicht den nötigen Kreditbedarf befriedigen. Im 1856 herausgegebenen Buch „Die priviligierte österreichische National-Bank in ihrer Wirksamkeit als Hypotheken Bank“ wurde darauf hingewiesen, dass viel Grundstücke bessere Sicherheiten als Gebäude wären, da die Wertsverminderung bei Gebäuden grösser ausfallen würde als bei Grundstücken. „Ein Haus kann nur zur Hälfte seines Wertes Sicherheit bieten. Grundstücke bieten immerhin 2/3 ihres Wertes Sicherheit“, schrieb der Autor Julius Fierlinger in seinem Buch.

Im Jahr 1860 schlossen sich Handwerker und Gerwebetreibende zu Genossenschaften zusammen. Sie wollten sich gemeinsam gegen die gesetzlich und steuermässig begünstigte Industrie schützen. Genossenschaftliche Vorschuss und Darlehenskassen, vor allem die neu gegründeten Raiffeisenkassen, verschafften den Handwerkern und Gewerbetreibenden die dringend notwendigen billigen Kredite. 2 Jahre später wurde die Zinsbeschränkung wieder etwas aufgelockert. Kreditverträge mit Überschreitung des gesetzlich festgesetzten Zinssatzes werden nicht mehr als schwerkriminell angesehen, sondern nur mehr als „polizeiliche Übertretung“. 1863 wurde die „Allgemeine Österreichische Bodenkreditanstalt“ gegründet. Sie genoss ein sehr hohes Ansehen und widmete sich der Finanzierung des Eisenbahnbaus und dem Hypothekarkredit. Ebenso hatte sie das Vermögen der Mitglieder des Kaiserhauses und des Hochadels zu verwalten. Auf Grund einer schweren Krise im Jahr 1929, musste sich die Bodencreditanstalt mit der CA zwangsfusionieren.

Vollständige Abschaffung der Zinsbeschränkung

In einem Buch aus dem Jahr 1864 über volkswirtschaftliche Studien in Österreich, wurden die positiven Eigenschaften der Kredite besonders hervorgehoben. Es wurde der Umstand erwähnt, dass die Unternehmer ihre Ausstände begleichen können, und Kredite das Kapital für dringend benötigte Investitionen zu bereitstellen in der Lage sind. Damit würde für die Volkswirtschaft viel Geld flüssig gemacht, hiess es da. Der Autor schrieb weiter, dass diese Tatsache für Österreich besonders wichtig wäre, da das Land noch immer unter chronischer Kapitalsarmut leide. Für die Bildung eines allgemeinen Wohlstandes war es daher enorm wichtig, dass Geld in die Volkswirtschaft kommt. Die deutschen Länder schienen Österreich in Sachen Kreditmärkte weit voraus gewesen zu sein. Das bestätigte auch der Autor. Er schrieb, dass in Deutschland die Kredite von den Banken nicht nur gewährt, sondern, anders als in Österreich, sogar offen angepriesen wurden. Die Scheu, Kredite offen zu bewerben, schien damals in Österreich stark ausgeprägt gewesen zu sein. Was waren die Gründe? Die Kapitalarmut oder das schlechte Gewissen im streng katholischen Österreich über die Zinserträge? In Österreich war damals der Akzeptationskredit weit verbreitet. Ein Akzeptationskredit ist das Vertrauen, das ein Kaufmann dadurch geniesst, dass die von ihm ausgestellten Wechsel bis zu einer bestimmten Summe ohne vorausgegangene Deckung akzeptiert werden. Akzeptationskredite waren allerdings eine echte Gefahr für Kreditgeber und Kreditnehmer. „Akzeptationskredite werden heute gewährt, morgen geschmälert, oder gar entzogen wenn die Nationalbank auch nur Miene macht, den Eskompt (Diskont) beschränken zu wollen“, so der Autor trocken in seinem Buch. Akzeptationskredite wurden überwiegend als teure und bestenfalls nur momentane Aushilfe beschrieben. Oft beklagt der Autor den Mangel an barem Betriebskapital in Österreich. Dies würde stark auf die Volkswirtschaft drücken, heisst es. Ebenso wurde kritisch darauf hingewiesen, dass der Andrang an Barkrediten in Österreich besonders gross sei. Das Problem sei nur der Mangel an Geldquellen. Die noch jungen Banken waren 1864 noch nicht in der Lage, die österreichische Volkswirtschaft genügend und ausreichend unterstützen zu können.

1865: Neue Reformen für den Kreditmarkt geplant

Schon ein Jahr nach dieser Bucherscheinung, also 1865, plante man für den Kreditmarkt bereits tiefgreifende Reformen. Die Strafen für die Übertretung vom gesetzlich vorgeschrieben Zinssatz sollten nun gänzlich über Bord geworfen werden. Dadurch erhoffte man sich eine Vermehrung des Kapitals, und durch die Steigerung des Kapitalangebotes auch eine Ermässigung des Zinssatzes. Je bedeutender der Umfang des Hyothekargeschäftes der Bank, desto günstiger die allgemeine Wirkung für den Grundbesitz und der Industrie Österreichs, wurde spekuliert. Es wurde behauptet, dass sich Kreditinstitute in möglichster Freiheit bewegen sollen, um dem Kreditpreis auf dem Markt folgen zu können. In Österreich war man 1865 der Meinung, dass keine Macht der Welt einen höchsten Zinssatz bestimmen und festhalten kann. Alle Expertem dieser Zeit waren begeistert von den Reformvorschlägen. Es hiess, würde diese österreichischen Reform ausgeführt werden, so liesse sich auch hier sagen, was Anton Hye von Glunek (österreichischer Jurist und Politiker) im Gebiete der Strafgesetzgebung von dem jetzigen Kaiser rühmt: „Es würde dem jugendlich kraftvollen Herrscher dasjenige, was der grosse Kaiser Joseph, vielleicht nur darum, weil in seiner hochherzigen Begeisterung für Menschenwohl und Völkerglück ihn zu überstürzter Hast, – vergeblich angestrebt, nunmehr vollständig gelungen sein.“

1866: Freier Zinssatz gesetzlich garantiert

Nur ein weiteres Jahr später, 1866, war es dann endlich so weit. Am 14. Dezember 1866 „wurden die schreiensten Bestimmungen gegen Zinsfreiheit beseitigt.“ Der freie Zinssatz wurde gesetzlich garantiert und das Wuchergesetz gehörte von nun an der Vergangenheit an. Am 13. Juli 1868 veranlasste die Regierung weitere Verordnungen mit dem Ziel „Gesetze gegen Zinsfreiheit mit Stumpf und Stiel aufzuheben.“ Österreich war damit im internationalen Vergleich ohnehin spät dran. Es gab nur noch wenige zivilisierte in der Welt in denen die Wuchergesetze noch volle Gültigkeit hatten. Vor allem die Volkswirte der Theorie und Praxis hatten grossen Anteil an der Abschaffung der Zinsbeschränkungen. Sie machten die Wucherfrage in geschickter Weise und mit nie ermüdeten Eifer zum Gegenstand der Tagesliteratur.

1867: Chronische Kapitalarmut in Österreich

1867 wurde kritisch festgestellt, dass das für die Kreditgeschäfte nach Österreich kommende fremde Kapital, sich meist nur wie auf einer Geschäftsreise im Land aufhalten würde, welche man für beendet erachtet, sobald man einen sicheren Gewinn gemacht hätte. Noch immer beklagte man sich in Österreich über einen Kapitalmangel. Vor allem der Privatkredit litt darunter. „Tiefe Wunden hätte ihm der Kapitalmangel geschlagen“, wurde in der zeitgenössischen Literatur behauptet. Ein Auszug aus einer damaligen Schrift liest sich so: „Man fürchtet sich vor dem Einzelnen, weil das Ganze in seinen Fugen zu wanken scheint. Wenn dazu der Staat seinen Gläubigern 10 und 12 Prozent vom eingezahlten Kapitale gewährt, so ist es klar, warum der Private für 8 und 10 Prozent meistenteils keines erhalten kann. Das ist freilich nicht klar an sich; denn ein sicheres Privatdarlehen gibt man gegen billigeren Zinsfuss; aber es wird klar, wenn man die ganz entschieden sich aussprechende Neigung des österreichischen Kapitalisten für hohen Zinsfuss kennt, gegen welche die Berechnung der Unsicherheit nicht in Betracht kommt. Nur hochverzinsliche Papiere sind beliebt, und je niedriger ihr Kurs steht, desto gesuchter sind sie. Der Kredit ist in Österreich noch nicht das, was er sein sollte: das Zutrauen auf die Fähigkeit und den Willen, ein Darlehen mit seinen Früchten zurückzuzahlen, sondern viel eher die Hoffnung auf eine hohe Zinsenperzeption. Dem Ausländer, welcher seine Gelder Österreich zuwendet, ist es weniger zu verargen, wenn er sich unter allen Schuldnern den bekanntesten sucht, da für ohne die objektivste Sicherheit bei einem Privaten zur subjektiven Ungewissheit wird, indem er die Verhältnisse des Privatmannes nicht überwachen und verfolgen kann.“

176 neue Bankengründungen

Zwischen 1868 und 1872 wurden in Österreich 176 neue Banken gegründet. Darunter befand sich auch eine sogenannte „Weinkreditbank“. Ein Viertel davon überlebte den Börsenkrach von 1873 nicht. Auch nicht die Weinkreditbank. Die Gründe, neben dem Börsenkrach, waren viele spekulative Geschäfte der Banken, und eine kaum entwickelte Bankenaufsicht.

1869 wurden in dem Buch von Anton Ritter von Randa mit dem Titel „Zur Lehre von den Zinsen und der Conventionalstrafe“, Kaufleute, Gewerbetreibende, und Industrielle zum Nachteil der Grundeigentümer als die absoluten Herrscher auf dem Geldmarkt bezeichnet. Den Autor verwunderte dies, da die Grundeigentümer seiner Meinung nach die besseren Sicherheiten anzubieten vermochten. Der Personalkredit hatte, im Gegensatz zum Realkredit, die viel grösseren Chancen. Der Industrielle, der fremdes Kapital borgen wollte, um sich mit Hilfe des Personalkredits die fehlenden Betriebsfonds zu verschaffen, war im Stande, dieselben jährlich mehrer Male umzusetzen. Er konnte also einen höheren Gewinn erzielen, und war demzufolge auch eher im Stande, höhere Zinsen zu zahlen als der Grundeigentümer. Der Industrielle hatte auch den Vorteil, dass er die mit Hilfe des Realkredites beschafften Kapitalien, gewinnbringender machen konnte und deshalb höhere Zinsen zu zahlen im Stande war, als der ländliche Grundeigentümer.

Um 1870 war in Österreich beim Häuserbau ein höherer Ertrag zu erzielen als beim Ackerbau. Selbst bei intensivsten Betrieb waren in der Landwirtschaft maximal 2,8 Prozent möglich. Im neu gegründeten Deutschen Reich sah die Sache etwas besser aus. Hier waren 4 bis 4 1/2 Prozent Ertrag möglich. Trotz des geringen Ertrags waren die Sicherheiten beim ländlichen Grundbesitz immer noch besser angesehen als beim städtischen Grundbesitz. Österreich litt noch immer unter Geldarmut. Beim Grundbesitzer stieg der Wert im Jahr um 1 Prozent. Die Grundrente des Grundeigentümers stand so tief, dass an eine schnelle Tilgung des Anlagekapitals aus dem erzielten Reingewinn nicht gedacht werden konnte.

In dieser Zeit machte sich der Personalkredit vor allem durch den Vorteil beliebt, dass der Gläubiger gut beurteilen konnte, ob er dem Schuldner auf Grund seines festen, mobilen und individuellen Vermögens Vertrauen schenken konnte oder nicht. Das Darlehensgeschäft liess sich schnell und ohne Kosten abwicklen, und bot die Möglichkeit, das Kapital für den Fall des eigenen Gebrauchs in kürzester Frist zurück zu erhalten. Der Nachteil des Realkredites lag vor allem in den Sicherheiten, die zur Gänze in den verpfändeten Gebäuden oder Liegenschaften geruht haben. Der Wert dieser Anlagen war oft schwer festzustellen. Politische, soziale und Naturereignisse liessen oft sehr schnell den Wert steigen oder fallen. Realkredite waren häufig nur durch Mittelspersonen zu erlangen. Diese wollten für ihre Tätigkeit auch entschädigt werden. Der Wert einer Hypothek war beim Übergang des Besitzes in der Regel grossen Schwankungen ausgesetzt. Gläubiger konnten nicht damit rechnen, das Geld schnell zurück zu erhalten.

Zwischen 1870 und 1900 gab es viele Klagen der Grundeigentümer über einen Kreditmangel in Österreich. Dem Realkredit wurden keine Kapitalien mehr zur Verfügung gestellt. Der Kredit in der österreichischen Landwirtschaft hatte nie jene Bedeutung gewonnen, die für den Kreditfortschritt unentbehrlich gewesen wäre. Daher stand die österreichische Urproduktion gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch auf einer niedrigen Stufe. England, Belgien und Deutschland befanden sich in diesem Vergleich klar vor Österreich. In Österreich war der befruchtende Einfluss des Geldes auf Grund und Boden noch ungekannt, weil eine der Hauptbedingungen für Erhöhung des Bodenertrags, der landwirtschaftliche Kredit, noch vieles zu wünschen übrig gelassen hat.

Zwischen 1900 und dem ersten Weltkrieg wurden in Oberösterreich auch in den Landgemeinden, zum Beispiel 1905 in Marchtrenk, die ersten Vorschusskassenvereine gegründet. Sie gelten als Vorläufer der Raiffeisenbank.

Der erste Weltkrieg

Am 28. Juli 1914 brach der erste Weltkrieg aus. Österreich benötigte nun viel Geld um die immensen Kriegskosten finanzieren zu können. Die Militärverwaltung stellte enorme Ansprüche. Daher wendete sich die Regierung an ein Konsortium der Wiener Banken um ein kurzfristiges Darlehen in Höhe von 200 Millionen Kronen aufnehmen zu können. In einem Monat sollte die gesamte Kreditsumme zurückgezahlt werden. Ein Konsortium aus der Postsparkasse, und den grössten österreichischen und ungarischen Banken sagte der Regierung ein Lombarddarlehen von 950 Millionen Kronen zu. Davon erhielt Österreich 600 Millionen Kronen. Den Rest erhielt die ungarische Reichshälfte. Verzinst war der Kredit mit 5 Prozent. Das Darlehen wurde von Österreich und Ungarn aber nur zu 85 Prozent in Anspruch genommen.

Während des gesamten Krieges, der von 1914 bis 1918 andauerte, hatten die Banken ihren Schwerpunkt auf Werbung für die Kriegsanleihepapieren und deren Verkauf gelegt. Ebenso erlebte das Kreditgeschäft mit den grossen Rüstungsunternehmen, der Staatsverwaltung, und den Zentralen eine Blütezeit.

Zwischenkriegszeit

Im Oktober 1918 begann sich Österreich-Ungarn aufzulösen, und der Krieg ging verloren. Das hatte auch eine dramatische Änderung des Kreditmarktes zur Folge. Er wurde bestimmt durch Geldentwertung und Schiebertum. Die Kreditmanipulanten beschafften sich Geld gegen Wechsel auf die Zukunft. Sie verwendeten also Leihkapital zur Anschaffung einer Ware, die unten den damaligen Umständen schwer zu bekommen war. Durch den allgemeinen wirtschaftlichen Notstand ging der geschäftstüchtige Kreditnehmer davon aus, dass sich der Wert der Ware in kürzester Zeit beträchtlich vergrössern würde. Die Ware wurde dann so lange gehortet bis die Preisentwicklung der gestörten Volkswirtschaft einen Verkauf besonders lohnend gemacht hatte. Die zurückzahlende Kreditsumme machte dann nur einen Bruchteil jener Summe aus, die durch den Verkaufserlös eingenommen wurde. Mit einem guten Riecher und dem Talent ein paar Wochen weiter zu denken als die anderen Leute, konnte man so in kurzer Zeit zu Reichtum und Wohlstand gelangen.

Im Jahr 1924 bekam Österreich eine neue Währung, den Schilling. Er konnte nur durch Anleihekredite von den Westmächten geschaffen werden. Die Verzinsung machte 7 3/4 Prozent aus, und Österreich musste sich zudem auch noch Eingriffe in die Innenpolitik gefallen lassen. Einer dieser Eingriffe war die Bestätigung des Anschlussverbotes an Deutschland. Damals waren alle österreichischen Parteien für einen Anschluss. Sie mussten sich aber dem Druck aus dem Ausland beugen. Als Sicherheiten dienten den Kreditgebern aus den Siegermächten die Bruttozolleinnahmen Österreichs, und die Gewinne aus dem Tabakmonopol. Die Einführung des Schillings löste in Österreich nach 1873 wieder einmal ein massives Bankensterben aus. Von 66 Banken überlebten die Einführung des Schillings nur 36.

Zwischen den Jahren 1929 und 1934 gingen die Kontokorrentkredite der Banken an die Wirtschaft zurück. Die Hyothekardarlehen wuchsen nur gering.

Nach dem „Schwarzen Freitag“ in den USA und dem Beginn der Welwirtschaftskrise im Jahr 1929, war in Österreich das Jahr 1931 gekennzeichnet von einer aufsehenerregenden Bankenpleite. Am 11. Mai vermeldete die Österreichische Creditanstalt (die sogenannte „CA”) im Rahmen ihrer Bilanzveröffentlichung einen Jahresverlust von 140 Millionen Schilling. Fast das gesamte Grundkapital der Bank sollte diesem Jahresverlust zum Opfer fallen. Auf Grund dieser Nachricht setze in den folgenden Tagen ein wahrer Ansturm der in- und ausländischen Gläubiger auf die Creditanstalt und anderer österreichische Banken ein, der nur durch die Nachricht von einem internationalen Kredit über 150 Millionen Schilling für die österreichische Zentralbank gestoppt werden konnte. Aus den Bilanzen der CA war es aber für die ausländischen Gläubiger klar ersichtlich, dass auch Grossbanken in Deutschland mit ähnlichen Problemem zu kämpfen hatten. Das hatte zur Folge dass eine Geldanlage bei den deutschen Banken als hohes Risiko gewertet wurde. Das Resultat daraus war die deutsche Bankenkrise im gleichen Jahr.

Nachdem das Schlimmste der Bankenkrise vorüber war, machte man sich die ersten Gedanken eine umfassende gesetzliche Regelung des Kreditwesens in Österreich in die Wege zu leiten. Es blieb aber voerst nur bei den Überlegungen. Erst der Anschluss an Deutschland brachte 1938 das Kreditwesengesetz (KWG). Dort wurde es bereits 1934 eingeführt.

Anschluss an Deutschland und zweiter Weltkrieg

Nach dem Anschluss an das Deutsche Reich im Jahre 1938 wurde der Schilling durch die Reichsmark ersetzt, und es kam noch im selben Jahre zu einer Expansion des Kreditwesens. Im darauf folgenden Jahr 1939 setzte nach den langen Jahren der Stagnation ein wahres Gründungsfieber ein. Am 1. September 1939 brach der zweite Weltkrieg aus. Mit dem Gründerfieber hatte es sich damit wieder erledigt. Nun musste die Finanz und Kreditwirtschaft andere Zwecke erfüllen.

1943, im vierten Kriegsjahr, wurde unter der Bevölkerung und auch in den Unternehmen viel gespart. Die Kreditansprüche der Privatwirtschaft, sofern sie nicht in die Kriegsindustrie einbezogen war, waren sehr gering. In dieser Zeit war es keine Seltenheit wenn Hypotheken durch vorzeitige Rückzahlung getilgt wurden. Personalkredite hatten sich aus der Kriegslage heraus aber vergrössert. Auf Grund des totalen Kriegseinsatzes gab es immer weniger nützliche Dinge zu kaufen. Entweder man verzichtete darauf, und das Geld blieb auf den Sparkonten liegen, oder man musste soviel für die schwer erhältliche Ware bezahlen, dass man es sich nur über einen Kredit finanzieren konnte.

Nachkriegszeit

Anfang Mai 1945 ging auf österreichischem Boden der zweite Weltkrieg in Europa zu Ende. Unmittelbar nach dem Zusammenbruch herrschte in vielen Teilen Anarchie. Die Währung der Reichsmark verlor ihre Gültigkeit. Als neue Währung dienten im wieder hergestellten Österreich amerikanische Zigaretten. Erst 1950 erreichte der private Konsum jenen von 1937. Die österreichische Kreditwirtschaft ist von den Ereignissen natürlich auch nicht verschont geblieben. Sie befand sich, durch Beseitigung der kriegs- und inflationsbedingten Störungen, sowie durch das allgemeine Wirtschaftswachstum, in einem Strukturwandel. 1951 war ein besonderer Bedarf an Mittelstandskrediten spürbar. Der Zinssatz betrug zwischen 7 und 7 1/2 Prozent. Kreditnehmer waren Gewerbetreibende, Freiberufler, Bauern und Hausbesitzer die Kriegsschäden zu reparieren hatten.

1955 wurde die Segmentierung der Kapitalmärkte als problematisch angesehen. Österreich musste Staatsanleihen ausgeben, um den Aufbau der Infrastruktur finanzieren zu können. Doch Österreichs Bevölkerung konnte die benötigten Mittel damals nicht aufbringen, um die Staatsanleihen zu zeichnen. Die Österreicher verwendeten ihr erspartes Geld lieber für den Eigenheimbau und der Ausbildung ihrer Kinder. Das war der Grund warum Österreich seine Staatsanleihen in Zürich, London und New York plazieren musste. Dort waren ausländische Investoren bereit österreichische Staatsanleihen zu zeichnen.

Um 1970 zeichnet sich in Österreich der Trend zur Universalbank ab. 1979 wird das bisher in Österreich gültige Deutsche Kreditwesengesetz (KWG) neu formuliert und an die aktuellen Verhältnisse angepasst. Eine zunehmende Liberalisierungen und der Trend zur Universalbank machten diesen Schritt notwendig. Ausserdem war das nach 1945 in Kraft gebliebene Gesetz aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht mehr anwendbar.

In den 80er Jahren führte die internationale Entwicklung zur Liberalisierung und Deregulierung auf den Finanzmärkten zu wesentlichen Reformschritten. Zugangsbeschränkungen wurden aufgehoben, und die rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere beim Kapitalmarkt- und Börsegesetz, dem internationalen Standard angeglichen. Damit ging eine Erhöhung der Information und Transparenz für Anleger einher. 1986 erforderte das rasche Wachstum und die zunehmende Auslandsverflechtung der österreichischen Banken eine weitere Novelle des deutschen Kreditwesengesetzes (KWG). Ende der 80er Jahre führte der Konjunkturaufschwung zu einer hohen Kreditnachfrage in Österreich.

Fall des eisernen Vorhangs und Gegenwart

Nach dem Fall des eisernen Vorhangs wurde es in Österreich populär, Eigenheime mit Fremdwährungskrediten zu finanzieren. Wer zwischen 2000 und 2008 einen Fremdwährungskredit in Schweizer Franken abschloss, konnte sich noch über einen Zinsvorteil von 1,5 bis 2 Prozentpunkte gegenüber dem Euro freuen. Im November 2008 war etwa ein Drittel des Privatkreditvolumens in fremden Währungen vereinbart worden. Stand 2009 entfiel damit nach Volumen annähernd die Hälfte der Fremdwährungskredite in Euroländern auf Österreich. Am 22. März 2010 verbot die Finanzmarktaufsicht Fremdwährungskredite in Österreich. Davon ausgenommen waren in nur wenigen Ausnahmen Neukredite in Fremdwährung sowie Tilgungsträgerkredite für Privatpersonen.

Durch den Fall des eisernen Vorhangs beschleunigte sich ab 1990 die Kreditnachfrage in Österreich noch enorm. Die österreichischen Banken expandierten in die nördlichen, südlichen und östlichen Nachbarländer. Erst 1993 ging die Nachfrage wieder etwas zurück. Bis zum Jahr 2000 blieb sie stabil. Nach der Jahrtausendwende erfolgte der nächste rasante Abschwung. In den Jahren 2005 und 2006 gab es wieder einen leichten Aufschwung, der durch die Finanzkrise im Herbst 2008 jedoch unterbrochen wurde, und bis heute anhält. Die geringe Kreditnachfrage zwischen den Jahren 2000 und 2005 muss aber nicht in Zusammenhang mit einer Krise stehen. Sie kann auch durch eine hohe Liquidität der Unternehmen zustande gekommen sein.

2007 trat Basel II in Kraft, und verpflichtete die Kreditinstitute zu einer intensiveren Beobachtung und Steuerung ihrer Risken.

Seit 2008 sind die Kreditvergaben wieder rückläufig, und man spricht auch oft von einer „Kreditklemme“. Den Banken fehlt das nötige Kapital, oder sie möchten es nicht gerne verleihen. 2011 soll sich nach Meinung einiger Experte die Lage am Kreditmarkt in Österreich wieder entspannen. Erst kürzlich wurde in den Medien berichtet, dass jedes kleine oder mittlere Unternehmen, dass als kreditwürdig eingestuft werden kann, momentan auch das benötigte Kapital bekommen würde.

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